Nachtrag – Chance und Risiken von P2P-Krediten

Zwischen Schneeball- und Renditeschlacht

Im Nachgang zu meinem Interview mit Lars Wrobbel über P2P-Kredite erreichten mich zwei Anmerkungen, auf die ich trotz ihrer Gegensätzlichkeit an dieser Stelle eingehen möchte. Ein Leser mutmaßt, dass es sich bei P2P-Plattformen um klassische Schneeballsysteme handeln könnte. Begrifflich korrekt muss in diesem Zusammenhang von einem Ponzi-Schema gesprochen werden – die Gewinnquelle wird verschleiert und bei den Teilnehmern handelt es sich um passive Anleger. Ein weiterer Leser erkundigte sich hingegen danach, welche Plattform für Einsteiger zu empfehlen sei.

Ponzi-Schema und Risikoprüfung

Was Ponzi-Schemata angeht hat spätestens der Fall Bernard Madoff gelehrt, das mit Ausnahme physisch greifbaren Vermögens letztlich keine Investition und kein Finanzexperte vor Betrügern gefeilt ist. Gleichwohl bieten P2P-Plattformen aufgrund ihrer Architektur einen geeigneten Nährboden für Ponzi-Betreiber: Ein automatisiertes Massenbuchungssystem, meist anonymisierte Beziehungen zwischen Kreditnehmern und Kreditgebern, Anreize zur Wiederanlage, teilweise mittlere und lange Laufzeiten, hohes Renditepotenzial, häufig ein Sitz im Ausland.

Auf der anderen Seite sind die Plattformbetreiber in einem Segment mit effektiver Nachfrage aktiv: Factoring, Verbraucherdarlehen, Geschäftskredite, Überbrückungsdarlehen, Kurzzeitkredite etc. Bei allen Anlagen finden sich auch in der „analogen“ Welt entsprechend hochverzinste Pendants: Dispositions- und Überziehungskredite, besicherte Kreditlinien, Forderungsverkäufe und so weiter.

Letztlich bleibt interessierten Investoren nichts anderes übrig, als eine sorgfältige Risikoprüfung (englisch „Due Diligence“) vorzunehmen. Wie diese aussehen könnte, habe ich im meinem Beitrag zu „Trust Deed Investing“ sowie anhand der ausführlichen Besprechung der Plattform Estateguru (*) auf dem Blog von Lars Wrobbel dargelegt. In diesem Fall minimiert die Einbindung eines auch in Estland der Unabhängigkeit verpflichteten Notars das Risiko, dass es sich bei Estateguru (*) um ein Ponzi-Schema handelt. Natürlich ist zu prüfen, ob das Notariat tatsächlich existiert und über die hinterlegten Sicherheiten verfügt. Dies kann über die Einsicht in entsprechende, amtliche Verzeichnisse erfolgen.

Mintos als P2P-Einstiegsplattform

Nun ist das im Falle von Estateguru (*) noch relativ einfach zu bewerkstelligen. Ein wenig schwieriger wird es schon bei klassischen P2P-Plattformen. Hier hat Bastian Glasser vom Finanzblog Talerbox eine exemplarische Risikoprüfung durchexerziert und als Video zur Verfügung gestellt. Untersuchungsobjekt ist in diesem Fall die P2P-Plattform AS Mintos Marketplace mit Sitz in Riga.

Logo von Mintos
Logo von Mintos, Bildquelle: Seite des Unternehmens

Damit sind wir auch bei der Beantwortung der zweiten Frage angelangt. Risikobewussten Einsteigern, die einen Teil ihres Vermögens in P2P-Kredite investieren möchten, kann ich aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen an erster Stelle Mintos empfehlen – bezüglich inländischer Anbieter verfüge ich leider über keine Expertise. Folgende Punkte sprechen für die Plattform:

  • Technisch spricht die einfache und intuitive Bedienbarkeit für den Anbieter
  • Mintos kooperiert mit insgesamt 28 unterschiedlichen Kreditgebern
  • Es werden ausschließlich bereits vergebenen Kredite refinanziert
  • Die Kreditgeber müssen einen Teil jedes refinanzierten Kredits weiterhin in den Büchern halten
  • Fast alle Kredite sind mit einer Rückkaufgarantie des Kreditgeber versehen
  • Es werden eine Vielzahl verschiedener Darlehenstypen, Laufzeiten und Länder angeboten
  • Mintos stellt sowohl einen Autoinvestor als auch einen Zweitmarkt zur Verfügung
  • Sowohl der Erst- als auch der Zweitmarkt von Mintos sind sehr liquide
  • Eine (geringe) Gebühr fällt nur für Verkäufe auf dem Zweitmarkt an
  • Investitionen sind bereits ab 10 Euro möglich
  • Die Seite wird auch auf Deutsch gepfegt

Allein die hohe Zahl an Partnerschaften – keine andere mir bekannte Plattform kooperiert mit so vielen Kreditgebern –, die ja zwangsläufig wechselseitige Geldtransfers bedingen, spricht tendenziell gegen ein Ponzi-Schema. Neben der Tatsache, dass die Ertragsquellen offen liegen gibt sich Mintos auch in vielerlei anderer Hinsicht transparent und kapselt sich gerade nicht ab. So veröffentlicht das Unternehmen beispielsweise den jährlichen Geschäftsbericht auf seiner Seite, während das Management bis hin zum Geschäftsführer keine Hemmungen hat, über Soziale Medien mit Kunden und Interessenten zu kommunizieren. Das ändert freilich nichts an der Tatsache, dass auch die von Mintos vertriebenen P2P-Kredite hochriskante Geldanlagen darstellen. Dieses Risiko lässt sich aber gerade bei dieser Plattform bereits bei geringem Kapitaleinsatz extrem breit streuen.

Zusammenfassung und Fazit

Neben Trust Deed Anlagen gehören auch P2P-Kreditbeteiligungen zu den Hochzinsanlagen. Aufgrund ihres Chance-Risiko-Profils, der erzielbaren Rendite sowie des Auszahlungsintervalls können beide Instrumente durchaus den Mangel an in Euro notierten Hochdividendenwerten ausgleichen. Dies gilt jedenfalls für Einkommensinvestoren, die einen Teil ihres Portfolios in heimischer Währung angelegt wissen sollen.

Banner von Mintos

PS: Ausführliche Erfahrungsberichte, Analysen und Informationen zu Mintos – auch zur Bedienung der Plattform und Einstellung des Autoinvestors – lassen sich auf der Themenseite des Blog von Lars Wrobbel nachlesen. Darüber hinaus veröffentlicht Northern Finance einen laufend aktualisierten Plattformvergleich.

PPS: Apropos Schneeballeffekt, kennen Sie die beiden größten uns umgebenden Ponzi-Schemata (zumindest wenn Sie in Deutschland leben)? Die gesetzliche Rentenversicherung und das Eurosystem, wenngleich beide auf niedrigem Niveau operieren – Fortsetzung folgt …

5 Antworten auf „Nachtrag – Chance und Risiken von P2P-Krediten“

  1. Hochriskant bleiben vor allen Transkationen über und auf Plattformen der FintechStartups. Da wird bei vielerlei Anlagen sicherlich nicht sofort klar sein ob die Plattform die Anlagen nur verwaltet, oder auch selbst agiert. Selbst wenn die Anlage faktisch Kundeneigentum bleibt, frage ich mich was passiert wenn ein lettisches Unternehmen in die Zahlungsunfähigkeit schlittert.
    Wie komme ich dann an mein Geld?. Wenn ich kleine Summe auf viele viele Startups verteile kann es ok sein, dann ist ein Totalausfall verschmerzbar. Man möchte aber wohl eher nicht den Aufwand haben. Und so mit 1000-2000 EUR rummachen, lohnt ja nicht den Aufwand.

  2. Diese Feststellung ist absolut richtig. Der elementare Zusammenhang zwischen Rendite und Risiko lässt sich nicht aufheben, bestenfalls verschieben. Letzteres erfolgt beispielsweise durch die sogenannten Rückkaufgarantien. Leider wird das bisweilen unter den Tisch fallen gelassen. Der Vorteil bei Mintos ist, dass der Anbieter lediglich als Marktplatz agiert (analog zu einem Broker) und daher nicht selbst im Feuer steht. Für Estateguru wiederum spricht, dass ausschließlich besicherte Geschäftskredite vermittelt werden, wobei die Sicherheiten von einem unabhängigen Notariat verwaltet werden. Nichts desto trotz dürfte es dann interessant werden, wenn die erste Plattform Insolvenz anmeldet.

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