Geldgespräch – Johannes Ranscht von Seedmatch

Die deutschen Pioniere des Crowdinvesting

Die Zeit rund um die Invest ist immer auch eine Zeit der Kontaktaufnahme und Kontaktpflege zu alten und neuen Finanzdienstleistern. Obwohl erst 2011 gegründet, gehört die Seedmatch GmbH zu den alten Hasen im hierzulande noch recht jungen Crowdinvesting-Sektors. Bereits im Vorfeld der Finanzmesse hatte ich die Gelegenheit, das Geschäftsmodell sowie Team des Dresdner Unternehmens kennen zu lernen und mich mit dessen Geschäftsführer Johannes Ranscht zu den Rahmenbedingungen und Besonderheiten auszutauschen, die der Pionier seinen Investoren bietet. Dazu sei vorab gesagt: Gerade für Einkommensinvestoren bietet Seedmatch interessante außerbörsliche Beteiligungen.

Sein Handwerk hat Johannes Ranscht übrigens von der Pike auf gelernt. Vor Übernahme der Geschäftsführung im Jahr 2017 war er bereits drei Jahre als Dealflow-Manager für den Vertrieb und die Akquise bei Seedmatch zuständig. In dieser Funktion repräsentierte er die Plattform auf Messen und Events, akquirierte Startups und junge Wachstumsunternehmen für ein Crowdfunding und betreute sie vor, während und nach ihrer Crowdfunding-Kampagne. Als Gründer und Geschäftsführer der eumila GmbH konnte er zuvor bereits seine diesbezüglichen Qualifikationen unter Beweis stellen.

Wer sich vorab mit dem Thema Crowdinvesting vertraut machen möchte, kann die Grundlagen dieser jungen Finanzierungsform im Gastbeitrag von Raphael Stange und Paul Scheffler vom Finanzblog „kreativ-investieren“ nachlesen.

Logo von Seedmatch
Logo von Seedmatch, Bildquelle: Seite des Unternehmens

Unser Interview

Luis Pazos: Seedmatch gilt als der Pionier des Crowdinvesting in Deutschland. Wie wird man zur Speerspitze einer neuen Anlageklasse?

Johannes Ranscht: Als Seedmatch gegründet wurde, wussten die wenigsten in Deutschland, was Crowdfunding ist. Crowdinvesting gab es zu dem Zeitpunkt hierzulande noch gar nicht. Deshalb haben wir 2011 in der Tat echte Pionierarbeit geleistet, als wir mit Seedmatch an den Start gegangen sind. In den seitdem vergangenen acht Jahren haben wir Crowdinvesting als alternative Finanzierungsform für Unternehmen und neue Investmentchance für Privatanleger mehr und mehr etabliert, sodass Crowdinvestments heute kein Nischendasein mehr führen und zu einer eigenen Anlageklasse geworden sind. Selbst Banken haben mittlerweile eigene Crowdfunding- und Crowdinvesting-Sparten. So gibt es heute zwar einige Wettbewerber, aber unser Ziel ist es, unserer Vorreiterrolle weiterhin gerecht zu werden und Crowdinvesting auch in Zukunft noch weiter voranzubringen.

Pazos: Was ist eigentlich genau der Unterschied zwischen Crowdfunding und Crowdinvesting?

Ranscht: Crowdfunding bezeichnet ganz allgemein die Finanzierung einer Sache – eines Produkts, eines Projekts oder eines Unternehmens – durch eine Gruppe von Menschen, die Crowd. Beim ganz klassischen, sogenannten „reward-based“ Crowdfunding erhält die Crowd in der Regel eine nicht-finanzielle Gegenleistung, meistens ein Produkt, für ihre finanzielle Unterstützung. Crowdinvesting wiederum ist eine spezielle Form des Crowdfunding, bei der die Crowd im Gegenzug für ihr Investment finanziell am Erfolg des Unternehmens beteiligt wird. Sie erhält also eine finanzielle Gegenleistung für das investierte Kapital. International wird daher meist der Begriff des „equity-based“, also des kapitalbasierten Crowdfundings für diese Form des Crowdfundings verwendet, in Deutschland hat sich aber die Bezeichnung „Crowdinvesting“ durchgesetzt.

Pazos: Mittlerweile existiert eine Vielzahl von Crowdinvesting-Plattformen. Wie hat sich Seedmatch innerhalb des Segments positioniert?

Ranscht: Wir verstehen uns als Matchmaker zwischen innovativen Wachstumsunternehmen und einer sehr engagierten Crowd. Investorinnen und Investoren, die sich über Seedmatch finanziell an Unternehmen beteiligen, suchen für gewöhnlich spannende Investmentchancen mit hohem Renditepotenzial und haben Lust, mit ihrem Kapital starke Geschäftsideen zu fördern. Deshalb setzen wir bei unseren Fundings auf Klasse statt Masse und wählen Unternehmen aus, deren Produkte echte Innovationen sind und die das Zeug dazu haben, in ihrem jeweiligen Marktsegment und Wirkungsbereich etwas zu bewegen. Dafür müssen Unternehmen mit ihrer Idee nicht nur eindeutige Alleinstellungsmerkmale besitzen und unmittelbar begeistern können, sondern auch mit ihrem Geschäftsmodell skalierbar sein und nachhaltig überzeugen. Wenn Unternehmen diese Voraussetzungen mitbringen, passen sie potenziell auch zu unserer Crowd. Bei Seedmatch sorgen wir dann dafür, dass beide Parteien, Unternehmen und Crowd-Investoren, zusammenfinden und sich auf Augenhöhe begegnen.

Pazos: Und wodurch hebt sich Seedmatch von anderen Plattformen ab? Was ist euer Alleinstellungsmerkmal?

Ranscht: Was Seedmatch ausmacht, ist der Fokus auf Qualität bei der Auswahl der Funding-Unternehmen. Wir schauen uns sowohl junge Startups als auch schon etabliertere Unternehmen genau an, bevor wir mit ihnen zusammenarbeiten, und wählen sehr bewusst aus, wen wir auf unsere Plattform nehmen. Dafür haben wir einen mehrstufigen Auswahlprozess entwickelt, im Rahmen dessen wir uns ein konkretes Bild vom Gründungs- oder Führungsteam, dem Geschäftsmodell und dem Status quo des jeweiligen Unternehmens machen. Damit schaffen wir nicht nur Klarheit für uns und unsere Entscheidungsfindung, sondern auch Transparenz für unsere Crowd und können sie umfassend über Renditepotenziale und Risiken informieren, die mit einer Investition in Unternehmen verbunden sind. Eine so differenzierte Auswahl der Unternehmen und die derart transparente Darstellung der Entwicklungsaussichten eines Investments sind charakteristisch für Seedmatch, in der Branche aber nicht selbstverständlich.

Pazos: Wie viele Projekte wurden bisher über Seedmatch finanziert?

Ranscht: Bei Seedmatch gab es bisher bereits mehr als 120 Finanzierungsrunden, von denen über 95 Prozent erfolgreich finanziert wurden und in denen zu 85 Prozent sogar das Fundinglimit erreicht wurde. Gemeinsam mit unserer Crowd haben wir so schon knapp 45 Millionen Euro einsammeln und an dynamische Unternehmen vermitteln können.

Pazos: Wie gelangt ein Projekt auf eure Plattform? Welche Mindestvoraussetzungen sind erforderlich und wie prüft ihr den Anbieter und sein Vorhaben?

Ranscht: In der Regel schicken uns das Unternehmen ein Pitch Deck, in dem das jeweilige Geschäftsmodell kurz zusammengefasst ist, zu. Das evaluieren wir intern und analysieren die Unternehmen hinsichtlich Innovationsstärke und Markttauglichkeit. Diese Vorauswahl erfolgt auf Basis bestimmter Kriterien, die ich eben schon kurz umrissen habe: Ein Unternehmen passt dann zu Seedmatch, wenn sein Produkt innovativ, sein Geschäftsmodell skalierbar ist und seine Idee Crowd-Potenzial hat. Wenn Unternehmen mit ihrem Vorhaben grundsätzlich für Seedmatch infrage kommen, fordern wir ausführliche Unterlagen wie beispielsweise einen Businessplan an, um die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen zu bewerten. Wenn auch dieser Check positiv ausfällt, laden wir die Unternehmen zu uns ein, um das Team dahinter kennenzulernen, noch mehr übers Geschäftskonzept zu erfahren und den Ablauf des potenziellen Fundings zu besprechen. Passt alles, legen wir mit den Vorbereitungen los, um vier bis sechs Wochen später das Crowdinvesting starten zu können. Gerade einmal 1 Prozent aller Unternehmen, die sich bei uns bewerben, wird aber für ein Funding bei Seedmatch ausgewählt.

Pazos: Welchen Mindestbetrag müssen Anleger aufbringen, um sich via Seedmatch an Investitionsprojekten beteiligen zu können?

Ranscht: Investments sind schon ab einem Mindestbetrag von 250 Euro möglich. Die weiteren Investitionsschritte sind jeweils ein Mehrfaches von 250 Euro. Der Maximalbetrag, den Privatpersonen pro Unternehmen investieren können, beträgt 10.000 Euro. Juristische Personen können auch mehr investieren.

Pazos: Was genau erwerben denn die Anleger im Fall einer erfolgreichen Finanzierung? Eigen-, Fremd- oder Mezzanine-Kapital?

Ranscht: Die Anleger investieren mittels eines partiarischen Nachrangdarlehens. Dabei handelt es sich um eine Form von mezzaninem Kapital. Die Anleger fungieren mit ihrer Investition als Darlehensgeber und gewähren dem Unternehmen das Kapital für eine meist zeitlich befristete Nutzung. Dafür erwerben sie einen Anteil am Gewinn des Unternehmens und werden entsprechend ihrer Investmentquote an etwaigen Gewinnausschüttungen beteiligt. Bei Seedmatch bieten wir dabei aktuell zwei verschiedene Formen einer solchen Finanzierungs- und Gewinnbeteiligung an: die des Seed Investments und die des Venture Debts. Bei einem Seed Investment erhalten Anleger neben einer endfälligen Basisverzinsung jährlich einen gewinnabhängigen Bonuszins, wenn das Unternehmen seinen Break-even erreicht hat, sowie einen einmaligen Bonuszins im Falle einer Vertragskündigung nach der Mindestlaufzeit oder eines Exit-Ereignisses. Beim Venture Debt wird das Kapital mit einem festen Zins pro Jahr verzinst. Die Anleger erhalten neben einer halbjährlichen Zinszahlung einen endfälligen Venture Kicker, eine individuelle, prozentuale Einmalzahlung, die bei einer besonders positiv verlaufenden Unternehmensentwicklung gezahlt wird.

Pazos: Mit welcher durchschnittlichen Projektlaufzeit können Anleger kalkulieren?

Ranscht: Investments in Wachstumsunternehmen sind eher langfristig orientiert. Deshalb liegen die Mindestvertragslaufzeiten meistens zwischen fünf und sieben Jahren. Im Falle eines Exit-Ereignisses werden die Verträge automatisch beendet und die Anleger am Erlös beteiligt. Falls ein Exit ausbleibt, können Anleger nach Ablauf der Mindestlaufzeit jährlich zum Jahresende kündigen und werden entsprechend den Vertragsregelungen ausgezahlt. Die Unternehmen haben in der Regel frühestens nach sieben Jahren das Recht, das Vertragsverhältnis zu beenden.

Pazos: In welchem Rahmen bewegen sich die zu erwartenden Renditen?

Ranscht: Genau dieser Frage sind wir im vergangenen Jahr im Rahmen unseres Fundingindex nachgegangen, der ersten wissenschaftlichen Untersuchung der Renditeerwartung einer Crowdinvesting-Plattform. Wir wollten herausfinden, welche Renditen für Anleger mit Crowdinvesting bei uns möglich sind, und analysierten auf Basis wissenschaftlicher Kriterien die Entwicklung der bei uns finanzierten Unternehmen. Insgesamt ergab sich für den Untersuchungszeitraum eine durchschnittliche Rendite von 15 Prozent per annum.

Pazos: Und wie sieht es mit dem Risiko aus? Bei wie vielen Projekten mussten Anleger einen Teil- oder Totalausfall verbuchen?

Ranscht: Investments in Startups und Wachstumsunternehmen mit innovativen Ideen haben nicht nur ein hohes Renditepotenzial, sondern sind immer auch mit einem erhöhten Risiko verbunden. Der Totalverlust des eingesetzten Kapitals ist nie auszuschließen. Im Rahmen des Fundingindex haben wir daher auch das Risiko eines Ausfalls berechnet. Die aktuelle Ausfallquote bei Seedmatch beläuft sich auf 14 Prozent. Der Wert liegt sowohl unter der Insolvenzquote von Startups in Deutschland generell, als auch unter der durchschnittlichen Ausfallquote crowdfinanzierter junger Unternehmen. Die Mehrheit der über Seedmatch finanzierten Unternehmen ist weiterhin am Markt und das in 60 Prozent aller untersuchten Fälle sogar ziemlich erfolgreich.

Pazos: Werden denn jenseits der Risikoprüfung weitere Sicherungsnetze gespannt, um die Kapitalrückzahlung sicherzustellen, beispielsweise Personen- oder Realsicherheiten?

Ranscht: Da die Investmentverträge direkt zwischen den Investoren und den Unternehmen geschlossen werden und wir als Mittler zwischen beiden fungieren, können wir als Plattform keine Personen- oder Realsicherheiten anbieten. Indem wir aber den Istzustand eines Unternehmens und die Entwicklungsaussichten eines Investments transparent darstellen, wollen wir sicherstellen, dass Investoren das Risiko ihrer jeweiligen Investition von vornherein möglichst realistisch einschätzen. Darüber hinaus bleiben wir auch nach einem abgeschlossenen Funding mit den Unternehmen im Austausch, beraten sie bei Fragen oder Hürden und unterstützen sie kommunikativ, um auch längerfristig zu einer positiven Unternehmensentwicklung beizutragen und möglichst viel Transparenz für die Investoren bei Seedmatch zu gewährleisten.

Pazos: Ein Mittel zur Steuerung des Risikos ist Diversifikation, also die altbekannte Weisheit, nicht alle Eier in einen Korb zu legen. Was empfehlt ihr euren Anlegern diesbezüglich?

Ranscht: Wir empfehlen unseren Anlegern, nur einen Teil des ihnen für Investitionen zur Verfügung stehenden Kapitals in Startups und Wachstumsunternehmen zu investieren und dies auch nur dann zu tun, wenn sie über genug Kapital verfügen, um in eine Vielzahl an Unternehmen zu investieren. Um sein Risiko zu streuen, sollte man lieber kleine Beträge in verschiedene Firmen stecken anstatt hohe Beträge auf ein, zwei Unternehmen zu setzen. Wer sich ein breites Portfolio mit vielen Firmen aus unterschiedlichen Branchen zusammenstellt, kann auch Ausfälle leichter verschmerzen und hat die besten Chancen, die ermittelte jährliche Rendite von 15 Prozent zu erreichen.

Johannes Ranscht (Geschäftsführer Seedmatch)
Johannes Ranscht – Crowd-Pionier der ersten Stunde, Bildquelle: Seedmatch

Ergänzungen und Fazit

Wer sich für Crowdinvesting und die deutsche Startup-Szene interessiert, findet hierzu in der besagten 52-seitigen Studie reichlich Daten, Zahlen und Fakten. Diese können Interessenten unterstützen, das Chance-Risiko-Verhältnis crowdfinanzierter Startups besser zu beurteilen und mit ihrem Anlageprofil abzugleichen. Gleichwohl ist das Material nur bedingt aussagekräftig. Das liegt ausdrücklich nicht in der Methodik, als vielmehr in der nun einmal nicht sehr lange zurückreichenden Historie der Anlageklasse begründet. Diese umfasst ausschließlich eine mit reichlich Zentralbankgeld gesegnete Schönwetterökonomie und Niedrigstzinsphase.

Nichts desto trotz stellt Crowdinvesting eine interessante Alternative oder Beimischung zu börsennotierten Wertpapieren dar. Im Fall von Seedmatch existiert mit Finanzierungsform Venture Debt sogar eine Variante, die den Vergleich mit einem Hochdividendenwert nicht zu scheuen braucht. Dies betrifft nicht nur die Ausschüttungsrendite, sondern auch die unterjährige Ausschüttungsfrequenz. Das unterscheidet die Plattform in der Tat von den bisher an dieser Stelle vorgestellten Anbietern ReaCapital und Kapilendo.

Für mich ist das der ausschlaggebende Grund, meinen ersten Crowdinvesting-Testballon zu starten. Hierbei ist allerdings ein wenig Geduld gefragt, neue Projekte sollen in Kürze verfügbar sein. Wer sich ebenfalls hieran beteiligen möchte, gelangt mit einem Klick auf das nachfolgende Banner (*) zur Projektübersicht und Anmeldung:

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PS: Kennen Sie weitere innovative und interessante Finanzdienstleister, die ich zu ihren Angeboten befragen soll? Schreiben Sie mir Ihre Vorschläge – mit oder ohne E-Mail-Kontakt!

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