Aktien-Blitz-Depot – Das erste Halbjahr 2023

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Mein quantitativer Ansatz

ETFs oder Einzelaktien? Die Frage treibt zahlreiche Einkommensinvestoren um, seit die indexbasierten Sammelanlagen ihren Siegeszug um die Börsenwelt angetreten haben. Auch wenn die überwiegende Zahl der wissenschaftlichen Veröffentlichungen den ETFs zugeneigt ist, so gibt es nicht zuletzt gute außerökonomische Gründe für Anleger, sich in Einzelwerten zu engagieren.

Neben der ausdrücklich empfehlenswerten Wahrnehmung von Aktionärsrechten zählen dazu beispielsweise die Beschäftigung mit Unternehmen und Geschäftsmodellen sowie die Analyse der Rechnungslegung. Darüber hinaus stellen Einzelwerte einen direkten (Marken-)Bezug zu wertschöpfenden Tätigkeiten her und können selbst in einem ETF-Portfolio Akzente setzten.

Diesen Punkten trage ich mit dem Aktien-Blitz-Depot Rechnung, welches ich seit Januar 2023 als separates Portfolio bei eToro (*) führe. Über die Hintergründe habe ich ausführlich im letzten Halbjahresbericht informiert. Im Gegensatz zum ETF-Blitz-Depot werden die Positionen im Einzelwertportfolio nicht monatlich bespart, sondern über eine Einmalanlage aufgebaut; tatsächlich hat eToro (*) aktuell keine Sparpläne im Programm. Der kalkulatorische Startwert zum Jahresbeginn betrug 22.915,25 Euro.

Hinweise zum Broker

Wie Trade Republic (*) ist auch eToro (*) ein Neobroker, über den Aktien, ETFs, Kryptovermögenswerte, Rohstoffe, Währungen und Contracts for Difference (CFDs) weitgehend provisionsfrei geordert werden können. Das geplante Payment-for-Order-Flow-Verbot (PFOF) der Europäischen Union (EU) lasse ich auch hier außen vor. Bekannt geworden ist der Broker als erster Anbieter sogenannten Social Tradings, indem er die Handelsplattform mit Elementen eines sozialen Mediums kombiniert hat.

So lassen sich beispielsweise die Positionen und eine Vielzahl von Kennzahlen der dafür freigegebenen Kundendepots einsehen, kommentieren und sogar über die kostenlose Copy-Trading-Funktion im gewünschten Maßstab komplett kopieren und laufend aktualisieren. Voraussetzung dafür ist, dass der entsprechende Depotinhaber durch den Broker geprüft und als kopierbarer Investor freigeschaltet wurde.

Ich nutze eToro (*) ausschließlich für das Blitz-Depot und damit zum komplett gebührenfreien Kauf und Verkauf von Aktien sowie zum Halten von Liquidität. Die die Veranlagung selbst erfolgt einkommensorientiert auf Basis eines quantitativen und weitgehend automatisierten Ansatzes.

Aktien-Blitz-Depot erstes Halbjahr 2023

Der strategische Ansatz

Das Investitionsspektrum umfasst die verfügbaren amerikanischen und europäischen Aktien. Die Vorauswahl erfolgt anhand vier dividendenspezifischer Kriterien (Dividendenrendite, Auszahlungsquote, Dividendenkontinuität, Dividendenwachstum), ergänzt um fundamentale und technische Kriterien (unter anderem Eigenkapitalquote, Marge, Kurs-Gewinn-Verhältnis und Kursmomentum).

Aus der Ergebnisliste stelle ich manuell ein zwanzig Positionen umfassendes, diversifiziertes Portfolio zusammen, welches jedoch Schwerpunkte ausbilden darf; aktuell sind dies Versicherungs- und Versorgungsunternehmen. Die Positionen werden naiv gewichtet sowie halbjährlich überprüft und rebalanciert. Darüber hinaus wird eine antizyklische Liquiditätsquote gehalten.

Ziel dieses mittel- bis langfristigen Ansatzes ist es, aussichtsreiche Dividendentitel zu identifizieren, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein überdurchschnittliches Gesamtergebnis in Relation zum Vergleichsmaßstab (Benchmark) erzielen. Diesen habe ich wie folgt definiert: 30 Prozent DAX, 30 Prozent EURO STOXX 50, 40 Prozent S&P 500, jeweils in Form eines kostengünstigen ETFs. Darüber hinaus bin ich gespannt, wie das Aktien-Blitz-Depot im Vergleich zum ETF-Blitz-Depot a la longue abschneidet.

Mir ist wohl bewusst, dass Social und Copy Trading ein zweischneidiges Schwert sind. Nichts desto trotz bin ich bei eToro (*) als kopierbarer Investor freigeschaltet. Alle Kunden des Brokers können mein Portfolio also mit einem Mausklick nachbilden. Der Mindestbetrag zum Kopieren beträgt lediglich 200 US-Dollar. Die Kopie selbst erfolgt anteilsmäßig mit Bruchteilen der jeweiligen Originalaktien im eigenen Depot und nicht über eine synthetische Konstruktion!

Monetär profitiere ich von zusätzlichen Kopierern übrigens nicht. Zu finden ist das Aktien-Blitz-Depot unter meinem Nutzernamen baresistwahres, die Positionen und Kennzahlen sind auch von außen für Nichtkunden einsehbar.

Aktien-Blitz-Depot erstes Halbjahr 2023

Die aktuelle Zusammenstellung

Das Blitz-Depot für Dividendenaktien umfasste zur Jahresmitte in alphabetischer Reihenfolge folgende zwanzig Positionen: Allianz, BAT, Enbridge, Fortis, GSK, Hercules Capital, Legal & General, LyondellBasell Industries, Münchener Rück, National Grid, National Retail Properties, Omnicom Group, ONEOK, Rathbones Group, Red Eléctrica, Southern Company, SSE, Swiss Life, United Utilities und W. P. Carey.

Die Liquiditätsquote betrug zum Tag der Auswertung 2,9 Prozent. In Summe mussten zum Halbjahreswechsel vier Titel das Portfolio verlassen, dafür rückten vier neue Aktien nach. Die Neuzugänge stelle ich nachfolgend ebenso vor wie die Gründe, die zum Verkauf der vier Positionen geführt haben. Auf die 16 unverändert gehaltenen Werte werde ich an dieser Stelle nicht im Detail eingehen, eine entsprechende Vorstellung findet sich im letzten Beitrag zum Aktien-Blitz-Depot.

Die vier Abgänge

Verkauft habe ich im Zuge der Rebalancierung den Hersteller von Möbelkomponenten Leggett & Platt, die britische Vermögensverwaltung Schroders, den Telekommunikationsriesen Verizon Communications sowie die Apothekenkette Walgreens Boots Alliance. Die Veräußerung erfolgte dabei, ebenso wie der Neuerwerb, in einem Zuge.

Zu den Gründen: Relativ klar liegt der Fall bei Schroders auf der Hand. Der Vermögensverwalter hat nach vergleichsweise schlechten Zahlen die Dividende deutlich gesenkt und nach 2015 ein weiteres Mal die langjährige Dividendenserie gebrochen. Damit fällt der Titel mangels Kontinuität aus dem Beuteschema heraus, der seit zwei Jahren schwächelnde Kurs hat sein Übriges dazugetan.

Bei den drei anderen Titeln sticht ein gemeinsames Merkmal hervor, welches trotz konstanter beziehungsweise steigender Ausschüttungen entscheidend zu den sukzessiven Kursverlusten der letzten Monate beigetragen haben dürfte und welchem ich in der Vergangenheit zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt habe, dem Firmenwert oder Goodwill.

Was hat es damit auf sich? Der Goodwill gehört buchhalterisch zu den immateriellen Vermögenswerten oder Intangible Assets. Er bezeichnet den Aufpreis, den ein Unternehmen über den Buch- oder Substanzwert hinaus für eine zu übernehmende Firma zu zahlen bereit ist. Nach der Übernahme wird dieser Aufpreis als Goodwill in der Bilanz verbucht.

Insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Prosperität werden teilweise hohe Aufpreise bei Übernahmen gezahlt, durch häufige oder sehr teure Zukäufe steigt bisweilen der Anteil des Goodwills an den Vermögenswerten deutlich an. Die Bepreisung des Goodwills unterliegt nun aber einem breiten und höchst subjektiven Ermessensspielraum; ändern sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, kann er sich innerhalb kürzester Zeit in Luft auflösen. Gleichwohl besteht nach internationalen Rechnungslegungsstandards keine Verpflichtung, den Goodwill abzuschreiben – ganz im Gegensatz übrigens zum deutschen Steuerrecht.

Besagter Ermessensspielraum setzt damit Anreize zur kreativen respektive optimistischen Buchführung. Genau daran dürften sich auch die drei Verkaufskandidaten versucht haben, bei denen der bilanzierte Goodwill das Eigenkapital deutlich übersteigt. Eine klare rote Flagge, die ein hohes Korrekturrisiko signalisiert! Die entsprechende Kennzahl werde ich daher bei der künftigen Titelauswahl als Ausschlusskriterium heranziehen.

Die vier Neuzugänge

Nummer eins in alphabetischer Sortierung ist Fortis. Gemeint ist damit nicht die (ehemalige) belgisch-niederländische Großbank, die im Zuge der Weltfinanzkrise mit Milliardensummen vor der Pleite bewahrt werden musste. Ganz im Gegenteil handelt es sich beim transatlantischen Namensvetter um ein lupenreines Witwen- und Waisenpapier. Die kanadische Holding ist in zahlreiche nordamerikanische Strom- und Gasversorgungsunternehmen investiert, die insgesamt 3,4 Millionen Privat- und Gewerbekunden bedienen. Der Zahlungsstrom ist aufgrund der regulierten Entgelte sehr gut prognostizierbar. Die Markkapitalisierung beläuft sich auf knapp 27 Milliarden kanadische Dollar, die Dividendenrendite auf 4,0 Prozent. Seit 25 Jahren wurden die Ausschüttungen stabil gehalten oder gesteigert, in den letzten fünf Jahren um knapp sechs Prozent per annum. Hinzu kommen Kursgewinne von 36 Prozent über die letzten zehn Jahre.

Der zweite Neuzugang ist Hercules Capital. Rechtlich firmiert das Unternehmen als Business Development Company (BDC). BDCs sind speziell regulierte Private-Equity- beziehungsweise Private-Debt-Gesellschaften, die mittelständische Unternehmen ohne Börsennotiz in den Vereinigten Staaten finanzieren. Seit 2003 hat sich Hercules Capital an über 600 Unternehmen beteiligt, vornehmlich aus dem Technologie- und Umweltsektor. Die Unterstützung erfolgt fast ausschließlich als Fremdkapital in Form variabel verzinster und durch Vermögenswerte der Schuldner besicherte Kredite. Die Marktkapitalisierung der BDC beträgt knapp 2,3 Milliarden US-Dollar, die Ausschüttungsrendite des Quartalszahlers 13 Prozent. Die Zahlungen wurden seit 2010 nie gesenkt, der Kurs legte über die letzten zehn Jahre um knapp 25 Prozent zu.

Ein alter Bekannter an dritter Stelle ist Legal & General. Der im Jahr 1836 durch eine Gruppe von Rechtsanwälten in London gegründete Versicherer zählt nach wie vor zu den solidesten der Branche und ist darüber hinaus der größte britische Vermögensverwalter. Zudem besticht das Unternehmen durch eine bis 2009 zurückreichende, makellose Dividendenhistorie. Über die letzten fünf Jahre konnte der Halbjahreszahler die Ausschüttungen annualisiert im Schnitt um 4,8 Prozent steigern, die Dividendenrendite beträgt 8,6 Prozent. Der Kursgewinn über die vergangenen zehn Jahre summiert sich auf stolze 130 Prozent, die Marktkapitalisierung auf 13,4 Milliarden britische Pfund. Vorgestellt habe ich den Titel ausführlich in der 32. Folge des Einkommensinvestoren-Podcasts.

Ebenfalls zu einer gesondert regulierten Wertpapiergattung zählt die jüngst in NNN umbenannte National Retail Properties, der vierte Neuzugang. Rechtlich handelt es sich bei dem Titel um einen Real Estate Investment Trust (REIT) und damit eine auf die Bewirtschaftung von Immobilien festgelegte Gesellschaft. Analog zur BDC sind REITs von der Körperschaftssteuer befreit und im Gegenzug dazu verpflichtet, einen großen Anteil ihres Gewinns nach Investitionen und Rücklagen auszuschütten. Die sehr konservativ finanzierte NNN bewirtschaftet über 3.400 Gewerbeobjekte, die sich über die gesamten USA verteilen. Hauptmieter sind Supermarktketten, Autowaschanlagen, Fitnessstudios und Restaurants. Die Belegungsrate beträgt 99,4 Prozent, die Marktkapitalisierung beläuft sich auf 7,8 Milliarden US-Dollar. Seit sage und schreibe 33 Jahren konnte die Dividende zudem jedes Jahr gesteigert werden, im Schnitt um gut drei Prozent pro Jahr in den letzten fünf Jahren. Die Dividendenrendite des Quartalszahlers beträgt 5,1 Prozent, das Kursplus über die vergangenen zehn Jahre 15 Prozent. Besprochen habe ich den Titel ebenfalls im Einkommensinvestoren-Podcast, nachzuhören in der 50. Folge des Formats.

Auswertung des Depots

Bei der abschließenden Portfolioauswertung orientiere ich mich am Vorgehen bei der Startaufstellung zu Anfang des Jahres. Starten möchte ich daher mit der typisch angelsächsischen Klassifizierung anhand der vier grundlegenden, nicht immer ganz trennscharfen Anlagekategorien Aktien, alternative Anlagen, Geldwerte und Sachwerte.

Auf klassische Aktien entfallen demnach 65 Prozent des Depotvolumens, Sachwerte kommen auf 31 und alternative Anlagen auf vier Prozent. Zu den Sachwerten zählen vor allem die Infrastrukturunternehmen und die beiden REITs, unter die Kategorie der alternativen Anlagen fällt die im letzten Abschnitt vorgestellte Hercules Capital. Als Geldwerte ist lediglich das Kontoguthaben zu klassifizieren, welches aktuell mit 2,4 Prozent pro Jahr verzinst wird.

Eine Ebene tiefer, bei den Subklassen oder Wirtschaftssektoren dominieren nach wie vor Infrastrukturbetreiber mit 38 Prozent vor Finanztitel mit 28 und der Immobilienwirtschaft mit acht Prozent. Auf den Plätzen folgen die Branchen Dienstleistungen, Gesundheit, Industrie, Konsumgüter und Private Equity. Hinweis: Die Finanztitel setzen sich ausschließlich aus Versicherungen und Vermögensverwaltern zusammen.

Geographisch sind die meisten im Depot enthaltenen Gesellschaften länderübergreifend beziehungsweise weltweit aktiv, in Summe 53 Prozent. Dahinter folgen die Vereinigten Staaten mit 19, Großbritannien mit 15, Nordamerika mit neun und Spanien mit vier Prozent. Die Verteilung spiegelt sich auch in den Handelswährungen wider. In US-Dollar notierte Titel machen 43 Prozent des Portfolios aus, Papiere in Britischen Pfund 34 Prozent, es folgen der Euro und der Schweizer Franken mit 18 beziehungsweise fünf Prozent.

Zusammenfassung und Ausblick

Zum Bewertungsstichtag betrug die Dividendenrendite des Gesamtportfolios bezogen auf die Ausschüttungen der letzten zwölf Monate 5,5 Prozent. Insgesamt flossen im ersten Halbjahr 491,68 Euro an Bruttodividenden zu, von denen 78,32 Euro an Quellensteuern einbehalten wurden.

Die in der Rückschau niedrigste Dividendenrendite weist die Münchener Rück mit gerade einmal 3,2 Prozent aus, was allerdings dem deutlichen Kursgewinn geschuldet ist. So notiert der weltgrößte Rückversicherer mit einem Plus von 53,3 Prozent. Mit der höchsten Dividendenrendite wartet Hercules Capital auf, der Quartalszahler bringt 13 Prozent auf die Waage, was für eine BDC nicht außergewöhnlich ist. Den größten Verlust verbucht hingegen der Tabakgigant BAT, der mit knapp 27 im Minus steht. Die Gesamtrendite des Portfolios, also Kurssaldo zuzüglich Nettodividenden, beläuft sich in Euro für das erste Halbjahr 2023 und damit auch insgesamt auf 1,6 Prozent.

Bezüglich der beiden Altlasten Gazprom und Sberbank gibt es übrigens keine Neuigkeiten. Beide Titel sind durch den Broker für den Handel gesperrt und auf einen Erinnerungswert von wenigen Cent abgeschrieben. Die Hintergründe gibt es zum Nachhören in der 14. Folge der Schatzmeister. Nach wie vor heißt es also nach wie vor Abwarten und Tee trinken.

Selbstverständlich gibt es abschließend und analog zum ETF-Blitz-Depot alle relevanten Daten, Zahlen und Fakten zum Aktien-Blitz-Depot bei eToro (*) in Form der bekannten wie kompakten Excel-Tabelle. Das Dokument kann nachfolgend heruntergeladen werden:

PS: Auch dieses Mal freue ich mich auf den konstruktiven und regen Austausch zum strategischen Ansatz und den Portfoliopositionen, insbesondere auch zu möglichen Kandidaten für die Beobachtungsliste – sowohl hier in den Kommentaren, als auch in meinen Foren und Gruppen!

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