Rezension – Soundtrack für Vermögenswerte: Ein finanzieller Bildungsroman

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Von Daniel Korth und Ümit Mericler, 310 Seiten, 18,00 Euro, Amazon Direct Publishing 2019

Mit der literarischen Gattung des Sachbuchromans bin ich erstmals im Jahr 2004 durch die Lektüre von „Der Termin“ (*) gekommen. Der 1997 veröffentlichte Klassiker beschreibt authentisch und plakativ die Höhen und Tiefen eines Software-Entwicklungsprojekts und hält die dabei gezogenen Lehren des leitenden Managers in Tagebuchform fest. Dem Autor Tom DeMarco, selbst international gestählter Projektmanager, ist es mit dem Bestseller auf erfrischende Weise gelungen, Unterhaltung und Bildung zu einem eher drögen Thema einprägsam miteinander zu verknüpfen. Mit dem gleichen Anspruch und klarem Fokus auf finanzielle Bildung sind auch Daniel Korth und Ümit Mericler mit ihrem „Soundtrack für Vermögenswerte“ (*) in diesem durchaus nicht einfach zu meisternden Genre angetreten.

Titelbild von Soundtrack für Vermögenswerte

Wer sind die Autoren?

Den ersten Teil des Autorenduos stellt Daniel Korth, besser bekannt als der Finanzrocker. Das Urgestein unter den Finanzpodcastern hat nicht nur sein Fachwissen in die Waagschale des gemeinschaftlichen Buchprojekts geworfen. Thomas alias Tom, der Protagonist der Geschichte, ist unverkennbar sein alter Ego. Mit Ümit Mericler, seinem Konterpart, bereichert ein erfahrener Journalist und Fachbuchautor den Inhalt mit Expertise wie Lokalkolorit. Darüber, wie sich die auf den ersten Blick eher ungleichen Autoren kennengelernt haben informieren sie in Folge 116 des Finanzrocker-Podcasts ebenso ausführlich wie über die Entstehungsgeschichte und Hintergründe ihres gemeinsamen Buchs. Zur Einstimmung auf die Lektüre ist die Folge übrigens eine genehme, wenngleich nicht erforderliche Ouvertüre.

Wie lautet die Hauptthese der Autoren?

Der Tenor des Buchs kann auf eine Formel gebracht werden: Kümmere Dich selbst um Deine Finanzen, sonst tun es andere! Doch wie so oft im Leben, ist dafür bisweilen ein von außen herangetragener (Denk-)Anstoß beziehungsweise exogener Schock erforderlich. Im Buch erfährt Tom diesen zehn Jahre nach dem Schulabschluss und an der Schwelle zum dritten Lebensjahrzehnt. Ein Klassentreffen entpuppt sich als Gang nach Canossa und markiert gleichzeitig sein Damaskuserlebnis.

Drei auf ihrer Weise nicht nur finanziell erfolgreiche ehemalige Klassenkameraden führen ihm eine verschenkte Dekade ohne nennenswerte Weiterentwicklung in jedwedem Bereich und bestimmt von hinderlichen Gewohnheiten und Routinen vor Augen. Einer von ihnen nimmt Tom schließlich an die Hand und begleitet ihn die ersten Schritte hinaus aus seiner selbstverschuldeten finanziellen Unmündigkeit, bevor er das Ruder seines Lebens sukzessive selbst in die Hand nimmt. Dabei macht Toms Entwicklung nicht bei seinem Kontostand halt. Antrieb, Denkweisen und Interessen ändern sich, ebenso sein Freundes- und Bekanntenkreis. Letzteres resultiert nicht zuletzt aus einer zunehmenden Entfremdung jener unverändert in den Tag hinein lebenden Lebensabschnittsbegleiter, die jede Veränderung mit Argusaugen betrachten.

Wie wird diese These begründet?

Tom ist am Anfang der Geschichte ein finanzieller Analphabet, ein „Konsumtrottel“, wie er im Buche steht, der in Ermangelung einer irgendwie gearteten Gehaltsentwicklung noch nicht einmal an der in bürgerlichen Kreisen verbreiteten „Lifestyle-Inflation“ respektive Hedonistischen Adaption partizipieren kann. Er ist ein klassischer „Millennial“, einer jener derzeit 20- bis 35-Jährigen, die sich einer jüngeren Befragung nach beim Sparverhalten vor allem an ihren Eltern orientieren und nach eigenen Angaben nicht die nötige Finanzbildung besitzen, um ihr Geld sinnvoll anzulegen – sofern sie denn welches haben. Das zweite Parkinsonsche Gesetz lässt grüßen!

Genau hier setzt der Sachbuch-Anteil des „Sountracks für Vermögenswerte“ an. Aufgebaut als Meta-Ratgeber werden die verschiedenen Disziplinen auf dem Weg zum Souverän über die eigenen Finanzen reflektiert. Das fängt wie es sich gehört mit einer Bestandsaufnahme der Einnahmen, Ausgaben, Vermögenswerte und Verbindlichkeiten an, geht weiter über die Formulierung kurz-, mittel- und langfristiger Ziele, dem Abbau schlechter Schulden bis hin zu verschiedenen Anlageklassen und Geschäftsmodellen, über die je ein Kenner der Materie aus Toms Bekannten- und Verwandtenkreis zu berichten weiß.

Der Geldanlage-Bogen wird dabei von Aktien, Anleihen und Fonds über P2P-Kredite, Immobilien, Gold bis hin zum Crowdfunding gespannt. An Geschäftsideen werden exemplarisch Amazon-FBA, Dropshipping und T-Shirt-Design beziehungsweise T-Shirt-Verkauf skizziert. Das hierbei nicht die Tiefe der einzelnen Themen ausgelotet werden kann, versteht sich von selbst und ist auch nicht der Anspruch der Autoren. Dafür verweisen sie in jedem Kapitel ausdrücklich auf weiterführende Fachliteratur zum Thema sowie im Anhang auf eine Fülle interessanter Seiten und Quellen im Netz.

Wie ist das Buch geschrieben?

Mit ihrer Mission haben sich Daniel Korth und Ümit Mericler wie erwähnt auf vermintes Terrain begeben. Ein Sachbuchroman ist immer ein Balanceakt zwischen dem Anspruch informieren und dem Wunsch unterhalten zu wollen. Eine Herausforderung besteht unter anderem darin, nicht zu viel und dafür das Wichtigste in den Inhalt zu packen, um auf der anderen Seite Raum für die Geschichte und ihre Charaktere zu lassen.

Beides ist den Autoren geglückt. Klar, die Transformation Toms wird schlaglichtartig und episodenhaft beleuchtet, seine Gesprächspartner als Archetypen gezeichnet, wobei hier und da bekannte Größen der Finanzblogger-Szene durchschimmern. Und auch wenn notwendigerweise reichlich Klischees bedient werden, so bleibt dennoch Platz, das eine oder andere Original zu porträtieren, wobei Klaus Fuchs, der Vermieter des Proberaums von Wodos, der Thrash-Metal-Band, in der Tom anfangs spielt, als ganz besonders gelungen hervorsticht.

Speziell erfreuen dürfte das Buch Leser mit einer hohen Affinität zur Stadt Kiel sowie – natürlich – zur Rockmusik. Erstere liefert den urbanen, letztere den musikalischen Hintergrund für die Geschichte liefert, die sprachlich wie fachlich perfekt auf die Zielgruppe abgestimmt ist.

Wer sollte das Buch lesen?

Der „Soundtrack für Vermögenswerte“ (*) ist in erster Linie der Bildung von Humankapital verpflichtet und richtet sich insbesondere an eben jene zitierten Millennials, die vielen kleinen und großen, jüngeren wie reiferen Toms, die ihrer finanziellen Perspektive eine neue Stoßrichtung geben wollen oder sollen. Wie gesagt, bisweilen braucht es einen äußeren Impuls, weshalb sich das Buch auch hervorragend als Geschenk eignet. Das gilt insbesondere für Leser, die nur ungern ein reines Sachbuch zur Hand nehmen. Die Sorge vor dem nächsten Klassentreffen nach der Lektüre sollte dann ihr übriges tun. Für alle Nicht-Kieler wäre sicherlich eine Soundtrack-für-Vermögenswerte-Stadtführung an den Originalschauplätzen des Bildungsromans einschließlich flüssiger Verpflegung in den einschlägigen Einkehrmöglichkeiten interessant.

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