Leserfragen – Alerian MLP ETF

Wie hoch ist die steuerliche Belastung tatsächlich?

Der Blogbeitrag „Cashtest – Alerian MLP ETF“ vom 19. August wurde von einem Leser wie folgt kommentiert: „‚Durch die ‚Ummantelung‘ mit einem ETF entgehen ausländische Anleger der Quellensteuerregelung für MLPs, da ein US-amerikanischer ETF selbstverständlich keine Quellensteuer bezahlen muss.‘ Bei Motley Fool steht jedoch: ‚der Fonds verlangt 5,43 % pro Jahr – 0,85 % an Managementgebühren und weitere 4,58 % an latentem Einkommenssteuerertrag. In anderen Worten: Es handelt sich nicht um ein Schlupfloch, mit dem man der Steuer entgehen kann. Es gibt kein Entkommen vor dem Fiskus. Er bedient sich bei Alerian, der die MLP-Anteile besitzt und daher steuerpflichtig ist.‘ Können Sie da bitte noch ein wenig mehr Licht ins Dunkel bringen?“

Dem komme ich doch gerne nach! Und da die Antwort hierzu am Ende recht umfangreich geraten ist, erfolgt sie in Form eines ergänzenden Blogbeitrags. Vorweg sei der Hinweis erlaubt, dass die Frage zwei unterschiedliche Sachverhalte zum Thema vermischt. Aus dem Grund erfolgt auch die Antwort zweigeteilt.

Teil 1: Quellensteuern

Ein deutscher Anleger, der eine US-amerikanische MLP kauft muss in der Regel 39,6 Prozent Quellensteuer zahlen. Das entspricht dem maximalen Satz der Bundeseinkommenssteuer, der U. S. federal income tax, und stellt sicher, dass ein Steuerausländer fiskalisch in jedem Fall genauso hoch belastet wird wie ein Steuerinländer. Die einbehaltene Quellensteuer ist nicht voll auf die deutsche Abgeltungssteuer anrechenbar, ganze 24,6 Prozentpunkte müsste sich der deutsche Anleger über ein bürokratisches Erstattungsverfahren zurückholen. Kauft derselbe Anleger hingegen einen US-amerikanischen ETF zahlt er gemäß Doppelbesteuerungsabkommen nur 15 Prozent Quellensteuer, die voll auf die deutsche Abgeltungssteuer anrechenbar sind. Wenn der US-amerikanische ETF Anteile an einer US-amerikanischen MLP erwirbt, muss dieser selbstverständlich keine Quellensteuer bezahlen, er ist ja ein Steuerinländer. In Punkto Quellensteuer ist daher eine „indirekte“ Beteiligung an einer respektive mehreren MLPs einer direkten Beteiligung vorzuziehen. Das habe ich mit besagter „Ummantelung“ ausdrücken wollen.

Logo des Internal Revenue Service
Geldbeschaffer IRS, Bildquelle: U. S. Department of the Treasury via Wikimedia Commons (gemeinfrei)

Teil 2: Körperschaftssteuern

Die Körperschaftssteuer, also die „Einkommensteuer für Unternehmen“, hat erst einmal mit der Quellensteuer nichts zu tun. Eine MLP zahlt keine Körperschaftssteuer, dafür muss jeder Empfänger der Ausschüttungen hierauf Einkommenssteuern bezahlen. Aus dem Grund beträgt die Quellensteuer wie oben dargestellt auch 39,6 Prozent. So weit, so gut. In wie weit trifft das nun den US-amerikanischen ETF und dessen Anleger? Hier hilft ein Blick in den letzten Rechenschaftsbericht (siehe „Fund Resources“) des Alerian MLP ETF. Dort sind 0,85 Prozent an Managementgebühren aufgeführt sowie 0,57 Prozent an „Deferred Income Tax Expense“ – also deutlich weniger als die genannten 4,58 Prozent. Entweder ist Motley Fool beziehungsweise dem Übersetzer das Komma verrutscht („Spinat-Falle“) oder der Wert war 2015 tatsächlich so hoch, was aber letztlich kaum eine Rolle spielt, wie gleich gezeigt werden soll.

Latent ist nicht gleich effektiv

„Deferred Income Tax“, das ist richtig, entsprechen in etwa „Passiven latenten Steuern“ im hiesigen Unternehmenssteuerrecht. Was hat es damit auf sich und was ist der Unterschied zu einer „tatsächlichen“ Steuer? Latente Steuern bilden künftige Steuerlasten ab, die sich im späteren Geschäftsverlauf jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach abbauen werden. Wie kommt dieser Posten dann beim Alerian MLP ETF zustande? Ganz einfach, „the Fund is not eligible to elect treatment as a regulated investment company due to its investments primarily in MLPs. The Fund must be taxed as a regular corporation for federal income purposes.“ Der ETF gilt aufgrund seiner Investitionen in MLPs steuerrechtlich also nicht als Investmentfond, sondern als „normales“ Unternehmen und unterliegt damit der Körperschaftssteuer, von der Fonds ja eigentlich weitestgehend ausgenommen sind.

Davon betroffen sind natürlich nur die steuerbaren Erträge des Alerian MLP ETF. Und hier steht ihm – da er in dieser Hinsicht eben als „normales“ Unternehmen firmiert – die gesamte Klaviatur des US-amerikanischen Steuerrechts offen. So stellen beispielsweise die Ausschüttungen der MLPs an den ETF je nach Deklaration nicht in voller Höhe steuerpflichtige Erträge dar. Zudem kann der ETF auf seinen Wertpapierbestand jährlich Abschreibungen vornehmen, welche diese Erträge weiter drücken. Ferner ist es möglich, was in der Praxis auch regelmäßig so gehandhabt wird, die Dividenden so zu strukturieren, dass diese Betriebsausgaben darstellen und daher von den Erträgen direkt abgezogen werden können.

Die effektive Steuerlast

De jure unterliegt der Alerian ETF also der Körperschaftssteuer, de facto ist die Belastung jedoch wenn überhaupt minimal. Aufgrund des Gestaltungsspielraums und der Tatsache, dass die Steuern auf die Erträge des ETF spätestens im Folgejahr abgebaut werden, sind diese in der Bilanz auch folgerichtig als latent deklariert. Dieser Umstand lässt sich wiederum sehr schön in den ebenfalls jährlich veröffentlichten Gewinn-und-Verlust-Rechnungen nachlesen: Neben der Position „Deferred Income Tax Expense“ (Steueraufwand) findet sich dort ebenso regelmäßig die Position „Deferred income tax benefit“ (Steuervorteil), die sich beide mittelfristig in etwa ausgleichen. Diese Beobachtung gilt übrigens nicht nur für den Alerian MLP ETF sondern auch für andere Sammelanlagen, deren Anlagevermögen sich zu mehr als 25 Prozent aus MLPs zusammensetzt; ab dieser Grenze erfolgt die Einstufung als „normales“ Unternehmen.

Fazit

Richtig ist: Der Steuer (und dem Tod) kann man nicht entkommen! Falsch ist: Die jährliche Kostenbelastung des Alerian MLP ETF beträgt schwindelerregende 4,58 Prozent. Sonst wäre mit dieser Anlageklasse und ohne den Einsatz von Fremdkapital eine Dividendenrendite von brutto über 10 Prozent auch nicht erzielbar! Denn diese kommt aktuell bei Anlegern an, die in den Alerian MLP ETF investieren. Das ist übrigens ab 1.000 Euro Ordervolumen einmal im Kalendermonat kostenfrei über den Onlinebroker Degiro möglich (die zweite Order je Monat ist dann wieder gebührenpflichtig). Das Angebot umfasst aktuell mehr als 700 ETFs, darunter befinden sich laut Liste auch einige Hochdividendenwerte – der Dank für diesen wertvollen Hinweis geht an den Leser Wolfgang S.!

PS: Umgehen lässt sich die Quellen- und Körperschaftsproblematik durch Kauf einer Exchange Traded Note (ETN). Die Vor- und Nachteile von ETNs habe ich bereits in einem früheren Blogbeitrag behandelt. Aktuell bietet die Schweizer UBS ein solches Wertpapier, welches den Alerian MLP Index abbildet.

Ihre Wünsche

Gibt es andere interessante Wertpapiere, die ich einem Cashtest unterziehen soll? Schreiben Sie mir Ihre Wünsche – mit oder ohne E-Mail-Kontakt!

    2 Antworten auf „Leserfragen – Alerian MLP ETF“

    1. Momentan kann der Alerian MLP ETF nicht bei degiro gekauft werden. Folgende Nachricht habe ich als Neukunde im Postfach:
      „Ausländische ETFs und Zertifikate
      Die geltende europäische Gesetzgebung verpflichtet die Emittenten von Zertifikaten und ETFs Informationsdokumente zu Ihren Produkten zur Verfügung zu stellen. Das Ziel dieser Dokumente ist, den Anleger zu informieren und zu schützen. Sofern die notwendigen Dokumente bisher nicht vorliegen, sind die betroffenen Produkte seit dem 2. Januar 2018 nicht mehr über unsere Plattform verfügbar. Diese Beschränkung bleibt so lange bestehen, bis die korrekten Dokumente vom Emittenten zur Verfügung gestellt werden. Das Halten und Verkaufen dieser Produkte ist weiterhin möglich.“

      1. „Diese Beschränkung bleibt so lange bestehen, bis die korrekten Dokumente vom Emittenten zur Verfügung gestellt werden.“ Da stellt sich natürlich die Frage, ob ein Anbieter wie Alerian, der seine Produkte für den US-amerikanischen Markt konzipiert und nicht auf europäische Anleger angewiesen ist, dem irgendwann tatsächlich nachkommt. Übrigens: Wenn die „europäische Gesetzgebung“ den Schutz der Kunden so ernst nimmt, warum ist das „Halten […] dieser Produkte“ weiterhin möglich, nicht aber ein Zukauf?

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