Wie ich die Welt der Hochdividendenwerte für mich entdeckt habe
Unter dem fast schon tautologischen Motto „Finanzielle Freiheit durch passives Einkommen“ haben Eva Abert von der Vermögens-Akademie und Vincent Willkomm von „freaky finance“ zu einer Blogparade aufgerufen. Da ich beim nächsten Onlinekongress der Vermögens-Akademie vom 01. bis 17. September 2017 als (neuer) Fachreferent zugegen sein werde, leiste ich an dieser Stelle dem Aufruf gerne Folge.
Nun haben sich bereits einige Finanzbloggerkollegen (siehe die Liste am Ende des Beitrags) reichlich am Begriff des passiven Einkommens gelabt. Und für alle, die es ganz genau wissen wollen hat Robert T. Kiyosaki diesen in „Cashflow Quadrat: Rich dad poor dad“ (*) wie kaum ein anderer analysiert und klassifiziert. Ich möchte daher die Herangehensweise ein wenig modifizieren und meinen dereinst eingeschlagenen Pfad zum passivsten aller passiven Einkommen darlegen. Wohlan denn!
Die goldenen 90er Jahre
Was die Börse angeht bin ich ein Kind der 90er Jahre; mein erstes (aktives) Einkommen und die erste Investition – eine mir nicht mehr näher bekannte Anzahl von Aktien der Bayer AG – fielen in das Jahr 1994. Die Kaufentscheidung folgte dabei ebenso wie die Wahl meines Lieblingsfussballvereins Jahre zuvor einer Variante des Prinzip der sozialen Bewährtheit: Eine von mir nach wie vor verehrte Tante arbeitete seinerzeit beim Leverkusener Chemiekonzen. Der mangelnden Analyse und Diversifikation zum Trotz, mit deutschen Standardwerten lagen Investoren zu diesem Zeitpunkt fast immer richtig. Für Jung- oder Neuanleger dürfte es zunächst eines der besten und dann eines der schlechtesten Jahrzehnte gewesen sein, um sich seine Börsensporen zu verdienen (oder eben nicht).
Der große Vorteil: Aktionäre konnten kaum etwas falsch machen, der Boom nährte den Boom, und zwar auf breiter Front. Der erste große Crash nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1987 lag lange zurück – welch herrliche Zeiten! Nebenbei notiert: Auch für Anleiheninvestoren war es eine goldene Ära. Im Jahr 1990 reagierten Anleger noch verschnupft auf eine Neuemission des Bundes, die sich mit 8,88 Prozent verzinste – sie hatten eine neun vor dem Komma erwartet; die Anleihe mit dem „Magerzins“ (Originalton „Die ZEIT“) mussten den Banken regelrecht aufs Auge gedrückt werden.
Der erfolgreichste deutsche Finanzratgeber
Die sich gegen Ende der Dekade abzeichnende Dotcom-Blase beförderte ebenso viele Kursraketen in den Börsenhimmel wie Finanzliteratur auf die Bestsellerlisten. Den mit Abstand unangefochtenen Spitzenplatz sicherte sich hierzulande Bodo Schäfer mit „Der Weg zur finanziellen Freiheit: In sieben Jahren die erste Million“ (*). Fast parallel, nämlich nur ein Jahr zuvor, veröffentlichte sein transatlantisches Pendant Robert T. Kiyosakis mit „Rich Dad Poor Dad: Was die Reichen ihren Kindern über Geld beibringen“ (*) ebenfalls einen Klassiker des Genres (siehe auch die Buchbesprechung auf diesem Blog).
Die regelrechte Manie um Bode Schäfer und sein Buch ist heute so wenig vorstellbar wie ein Coupon von knapp neun Prozent auf Bundesanleihen. Die Strahlkraft des Werks reichte trotz oder wegen des reißerischen Untertitels weit über finanzaffine Kreise hinaus: Über 10 Millionen Exemplaren wurden bis heute verkauft, ganze fünf Jahre konnte sich das Buch in Deutschland auf der Bestsellerliste halten, davon über zwei Jahre auf Platz 1 – Rekord für einen deutschsprachigen Finanzratgeber.
Wenn Schuhputzer Aktientipps geben
Die Publikation spendete der Leserschaft neben viel Licht auch viel Schatten. Dummerweise, so meine damalige Beobachtung, machte es sich die Mehrzahl der Leser in den Schattenplätzen bequem: Zu verführerisch lockten die in Aussicht gestellten „sicheren Anlagen mit 12 Prozent“ Rendite pro Jahr, mit denen Schäfer netto in seinen Beispielen durchweg kalkulierte. Bei Inkaufnahme von „mittleren“ Risiken sollten sich diese gar auf 20 und mehr Prozent steigern lassen. „Jede Aktie wirklich nur noch mit Gewinn verkaufen“, das versprach er mit seinem Königsweg, der durchdachten Investitionen in ausgewählte „Aktien allererster Güte“. Zu letzteren zählte er übrigens die Deutsche Bank und Karstadt. Der Rest ist Geschichte. Parallel zu den implodierenden Kursen nach dem Platzen der Dotcom-Blase ab Frühjahr 2000 verlor Schäfer – neben vielen anderen – seinen Nimbus.
Diese Katharsis trennte die Spreu vom Weizen der Anleger. Mich selbst läuterte seinerzeit noch rechtzeitig mein Umfeld. Nie werde ich jenen Nachmittag im Herbst 1999 vergessen, als ich den Wohnbereich unseres Studentenwohnheims betrat. Gebannt war der Blick der Mehrheit meiner verstummten Kommilitonen auf den Teletext von n-tv gerichtet (ich meine mich erinnern zu können, dass die New Yorker Börse kurz zuvor eröffnet hatte). Dem Tunnelblick verfallen waren selbst jene, die bis dato nicht gerade durch ihr Interesse an der Entwicklung der internationalen Finanzmärkten aufgefallen waren. Diese Szene rief mir einen Ausspruch ins Gedächtnis, den Joseph Kennedy, Großinvestor und Vater des späteren US-amerikanischen Präsidenden John F. Kennedy, wenige Monate vor dem Börsencrash von 1929 getätigt haben soll: „Wenn schon Schuhputzer Dir Aktientipps geben, ist es Zeit, Aktien zu verkaufen.“
Diese spontane Eingebung hat mir viel Geld gespart – dafür danke ich an dieser Stelle meinen ehemaligen Mitstudenten ausdrücklich für ihr damaliges Medienverhalten! Denn, was vermutlich noch wichtiger ist, der leicht verfrühte (Teil-)Ausstieg sorgte dafür, dass mir die Werpapiermärkte nicht madig gemacht wurden. Das Platzen der Dotcom-Blase und das sich anschließende „verlorene Jahrzehnt“ kann in seinen Auswirkungen auf die hiesige Aktionärsquote und -kultur kaum unterschätzt werden.
Pionier der finanziellen Freiheit
Zwei Konsequenzen zog ich aus den (Börsen-)Ereignissen rund um die Jahrtausendwende. Zum einen hakte ich die blasengeschwängerten Renditeerwartungen Schäfers als das ab, was sie waren: Ein überausgelassener Bullenritt im Sog eines manischen Publikums. Zum anderen hütete ich mich davon, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Der verkorkste Invetitionsleitfaden sollte nicht über die Sonnenseiten des Buches hinwegtäuschen.
Meines Wissens war Schäfer der erste deutschsprachige Autor, der den Begriff und die handwerklichen Grundlagen der finanziellen Freiheit für die breite Öffentlichkeit konzentriert aufbereitet hat. Von den Einstellungen zu Geld über Haushaltsdiziplin und Budgetierung, das Sparen als sich selbst bezahlen, die Schaffung von Reserven, der Umgang mit Schulden bis hin zur Finanziellen-Freiheits-Formel hat Schäfer hierzulande Pionierarbeit geleistet.
Seine Leistung wird nicht zuletzt auch daran ersichtlich, wie oft bei ihm auch noch nach 20 Jahren abgekupfert wird. Als erfreulich ist auch hierbei der Umstand zu werten, dass Schäfer auf esoterische Element weitestgehend verzichtet hat. Und auch wenn vereinzelt der Wunschdenken propagierende Motivationsguru mit ihm durchgeht, die Goldkörner finden sich dort, wo Schäfer konkret umsetzbare Leitfäden spinnt.
Bargeld statt Buchgewinn
Tatsächlich habe ich viele dieser Fäden aufgenommen und in der Praxis verwoben; unter anderem führte ich mehrere Jahre ein Haushaltsbuch und budgetiere bis heute. Selbst seine Finanzielle-Freiheits-Formel (monatlich benötigtes Einkommen mal 150 gleich erforderliches Kapital) diente mir im Zuge der finanziellen Neuausrichtung als Richtschnur. Tatsächlich stünde ich ohne das Buch heute vermutlich nicht da, wo ich stehe.
Von den vielen aufgesogenen und zahlreichen erprobten Kursgewinnstrategien schlichtweg übersättigt besann ich mich mitten im Börsental der Tränen einer schlichten Volksweisheit: Nur Bares ist Wahres. Also weg vom Differenzgeschäft, hin zur Einkommenserzielung. Bei der Sondierung des kanadischen Wertpapiermarkts stieß ich im Jahr 2002 dann auf eine börsennotierte Wertpapiergattung, die sich durch hohe Dividendenrenditen und ein monatliches Ausschüttungsintervall auszeichnen – der perfekte Hebel für ein regelmäßiges und automatisiertes Zweiteinkommen. Die nachfolgenden Recherchen förderten weltweit zahlreiche weitere Hochdividendenwerte und ertragsstarke Anlagen mit ähnlichen Merkmalen zutage. Ich hatte mein Thema gefunden.
Das passivste aller passiven Einkommen
Hochdividendenwerte stellen mittlerweile das Flaggschiff meines passiven Einkommens. Interessanterweise deckt sich die durchschnittliche Ausschüttungsrendite eines international gestreuten Hochdividendenportfolios in etwa mit der Schäferschen Faustformel zur finanziellen Freiheit. Und zumindest in Sachen Passivität sind Hochdividendenwerte ungeschlagen. Wenige Stunden pro Jahr, vor allem für die Überprüfung und Anpassung der Depotstruktur sowie gegebenenfalls die Erstellung der Steuerklärung, reichen hiefür vollkommen aus. Erträge aus Hochdividendenwerten sind daher – neben dem zeitlich limitierten Kindergeld – das wohl passivste aller passiven Einkommen!
„Passiv“ bedeutet in diesem Zusammenhang natürlich nicht „ohne Gegenleistung“. Diese Passivität ist natürlich Folge vorheriger Aktivität. Neben der unumgänglichen Vermögensbildung müssen sich Anleger die notwendigen Grundlagen zu den Themen Einnahmen, Ausgaben und Investitionen angeignen. Hierzu empfehle ich in der Tat die zeitlosen Passagen aus Bodo Schäfers „Der Weg zur finanziellen Freiheit: In sieben Jahren die erste Million“ (*), das gebraucht bereits für weniger als einen Euro zu haben ist. Beim Thema Hochdividenden verweise ich allein mangels deutschsprachiger Alternativen auf meine eigene Publikation, einen knappen Einstieg bietet darüber hinaus mein Gratiskurs.
Der Online-Kongress zur finanziellen Freiheit
Wer sich zum Thema Hochdividendenwerte sowie zu anderen Quellen passiven Einkommens informieren möchte, kann sich jetzt schon für den Online-Kongress zur finanziellen Freiheit vom 01. bis 17. September 2017 auf der Seite der Vermögens-Akademie kostenlos anmelden (*). Während der Kongresszeit können alle Interviews gratis angesehen werden!
PS: Noch besser als Schäfers Ratgeber für Erwachsene ist derjenige für Kinder. Wer also die Finanzbildung des eigenen oder anderweitig am Herzen liegenden Nachwuchses befördern möchte, sollte den Erwerb von „Ein Hund namens Money“ (*) in Betracht ziehen.
Was schreiben andere Paradeteilnehmer?
- Natascha Wegelin: Passives Einkommen – Wer, wie, wann?
- Jonas Otten: Was passives Einkommen mit Socken zu tun hat
- Götz Krija: Wie ich passives Einkommen erziel(t)e
- Danny Kirseck: Passives Einkommen mein Beitrag zur Blogparade
- Michael Schäfer & Marielle Schäfer: Geld ohne Arbeit – Die 4 größten Lügen des passiven Einkommens
Hey Luis,
ich finde deinen Beitrag zur Blogparade wunderbar, er macht Lust auf mehr und daher bin ich schon gespannt was du als Referent beim online Kongress alles zu berichten hast.
Ich vermute, dass für dich passives Einkommen durchaus existiert? Wohl so wie bei einigen anderen Teilnehmern natürlich mit vorangegangenen Anstrengungen?
Beste Grüße
Danny
Hallo Danny,
vielen Dank für die positive Rückmeldung!
Das Interview mit Eva hat mir (und ihr hoffentlich auch) in der Tat viel Spass gemacht. Wir haben versucht soviele Informationen wie möglich hineinzupacken – dennoch war ich überrascht, wie „wenig“ wir in den 80 Minuten geschafft haben. Das Material wird mir also so schnell nicht ausgehen.
Deine Vermutung ist natürlich richtig und eigentlich auch selbsterklärend. Genau das ist ja das Faszinierende, dass ich als Privatperson selbst mit kleinen Beträgen Geld in Vermögenswerte konvertieren kann, die laufende Erträge produzieren. Dazu muss das Geld natürlich vorab verdient werden – entweder durch eigene Anstrengungen oder die anderer Leute (Erbschaften halte ich für keineswegs verwerflich).
Beste Grüße zurück
Luis