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Von Anthony Robbins, 250 Seiten, 19,99 Euro, FinanzBuch Verlag 2017
Weniger ist manchmal mehr. Das hat sich wohl auch Tony Robbins respektive sein Verleger gedacht. So ist das vor wenigen Monaten auf Deutsch erschienene Mammutwerk „Money: Die 7 einfachen Schritte zur finanziellen Freiheit“ (*) zweifelsfrei interessant zu schmökern, für praxisorientierte Leser allerdings nur schwer händelbar. Zudem nötigt die Lektüre des im Mai in einem Blogbeitrag besprochenen New-York-Times Bestsellers aufgrund der fast biblischen Dimension erhebliches Durchhaltevermögen ab.
Diesen Umständen trägt „Unangreifbar: Deine Strategie für finanzielle Freiheit“ (*) Rechnung. Das „nur“ 250 Seiten starke Buch ist ein erheblich abgespeckter, klar strukturierter und anlegerfreundlich pointierter Leitfaden, der sich vornehmlich an Einsteiger richtet. Allerdings werden auch Fortgeschrittene und Profis das eine oder andere Goldkorn finden. In jedem Fall interessant ist das Zahlenmaterial, welches der Autor zusammengetragen hat.
Gegliedert ist das Buch in drei Teile: Das Regelwerk, die Strategien sowie die Psychologie der Geldanlage. Zusammen sollen die drei Teile Investoren das Rüstzeug an die Hand geben, individuelle Finanzziele zu erarbeiten und strategisch umzusetzen.
Teil 1: Das Regelwerk
Ausgangspunkt für das Regelwerk ist die Beobachtung, dass (Privat-)Anleger im Schnitt wesentlich weniger als die Marktrendite einfahren: „Während die Marktrendite zwischen 1985 und 2015 10,28 Prozent pro Jahr betrug, erzielte der durchschnittliche Anleger im gleichen Zeitraum lediglich 3,66 Prozent.“ Robbins macht hierfür zwei Faktoren verantwortlich: Übertriebene Kosten und die menschliche Natur, hier vor allem die Angst vor und der Aktionismus im Crash.
Was die übertriebenen Kosten angeht stellt er klar, dass die Fondsindustrie in einer sieben Billionen US-Dollar schweren „Geldwanne“ badet. Das lukrative Geschäft verdeutlicht der Umstand, dass in den USA doppelt so viel Fonds wie Aktien existieren, in Deutschland sind es gar zehnmal so viele! Teure Fonds weisen bisweilen Kosten von drei Prozent (und mehr) des verwalteten Vermögens aus. Das ist das 60fache der aktuell günstigsten Exchange Traded Funds (ETFs).
Den langfristigen Unterschied verdeutlicht Robbins anhand eines plakativen Beispiels, bei dem er eine durchschnittliche Marktrendite von acht Prozent unterstellt: Demnach ergeben 100.000 US-Dollar über 30 Jahre bei einem Fonds mit 0,5 Prozent Gesamtkosten 865.000 US-Dollar, bei zwei Prozent Gebühren lediglich 317.000 US-Dollar. Fazit: Gebühren reduzieren spart Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte auf dem Weg zur finanziellen Freiheit.
Und was tun im Crash? Hier präsentiert der Autor ausführlich sieben Fakten, die dem Anleger die Angst vor Korrekturen nehmen sollen. Als Grundlage zieht er dabei das statistische Datenmaterial für den US-amerikanischen Aktienmarkt seit dem Jahr 1900 heran. Der Teil schließt mit einigen Anmerkungen zu Honorarberatern und Nettotarifen, die ich vor einiger Zeit ebenfalls im Rahmen eines Geldgesprächs ausführlich thematisiert habe.
Teil 2: Die Strategien
Der zweite Teil fällt, ebenso wie der dritte, deutlich kürzer aus als der elementare Teil 1. Die Strategien umfassen neben vier Schlüsselprinzipien für Anlageentscheidungen vor allem sechs Leitlinien zur persönlichen Vermögensverwaltung. Neben Aspekten wie der Vermögensaufteilung und dem Umschichten wird auch ein kontrollierter Raum für experimentelle Investitionen vorgeschlagen. Neben Aktien und Anleihen beziehungsweise entsprechenden ETFs werden in dem Buch übrigens auch Hochdividendenwerte, so zum Beispiel MLPs und REITs für einkommensorientierte Anleger empfohlen.
Teil 3: Die Psychologie
Im abschließenden Teil schließlich taucht Robbins schließlich in die „Behavioral Finance“ beziehungsweise Verhaltensökonomik ab. „Wir benötigen ein Kontrollsystem, um die schädliche Wirkung unserer archaischen Prägung zu neutralisieren“, so der Autor. Inhaltlich bespricht er die sechs wichtigsten psychologischen Fallstricke bei der Geldanlage wie beispielsweise den Bestätigungsfehler („Confirmation Bias“) oder die Heimatmarktneigung („Home Bias“).
Sympathischerweise und für einen Finanzratgeber eher untypisch geht Robbins in einem letzten Kapital noch auf den „echten Reichtum“ ein. Er stellt klar, dass Geld nur ein Mittel zu Zweck sein kann, nämlich den Zweck, ein „großartiges, selbstbestimmtes Leben führen“ zu können. Für diese „Kunst des Erfülltseins“ gibt er dem Leser zu guter Letzt noch einige Werkzeuge an die Hand.
Zusammenfassung und Fazit
In „Unangreifbar“ (*) verschmelzen unter anderem wesentliche Elemente der Bücher „Souverän investieren“ (*) von Gerd Kommer und „Keine Investment Zauberformel“ (*) von John C. Bogle, garniert mit einem ordentlichen Schuss aus dem Füllhorn der klassischen Stoa. Gerade für noch wenig bewanderte Anleger dürfte es von den genannten allerdings das am flüssigsten zu lesende Werk sein. Hinweise zu konkreten Veranlagungen oder Wertpapieren dürfen Investoren allerdings nicht erwarten, das Buch ist eher eine mit interessantem Zahlenmaterial gespickte Arbeits- und Durchhalteanleitung. Einsteiger sollten das Buch in jedem Fall „Money“ vorziehen.
Zwei Aspekte der im Buch beschriebenen Investitionsstrategie habe ich um einige persönliche Ergänzungen angereichert und in einem Gratisskript zusammengefasst. Dieses kann nachfolgend heruntergeladen werden:
Anthony Robbins hat sein Buch auf dem YouTube-Kanal von Gary „Vee“ Vaynerchuk, einem US-amerikanischen Internet- und Medienunternehmer, vorgestellt. Das komplette Video gibt es in englischer Sprache mit deutschen Untertiteln:
The ASKGARYVEE-Show: Episode 242 (Video)
PS: Gibt es noch weitere Bücher zum Thema, die sich für die Leser des Blogs zu rezensieren lohnt? Schreiben Sie mir Ihre Vorschläge – mit oder ohne E-Mail-Kontakt!