Rezension – Der Einzimmer-Millionär: Wie Du gar nicht verhindern kannst, reich zu werden

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Von Gerald Hörhahn, 256 Seiten, 18,00 Euro, FinanzBuch Verlag 2023

„Erst wenn die Ebbe kommt, sieht man, wer ohne Badehose schwimmen gegangen ist.“ Dieses Warren Buffett zugeschriebene Zitat steht Pate für den jüngsten Ratgeber aus der Feder Gerald Hörhans. Die Ebbe, das ist in diesem Fall die scharfe Zinswende im Frühjahr 2022, die Badehose hingegen die Liquidität. So wie die Geldflut nach dem Fall von Lehman Brothers über ein Jahrzehnt alle Boote, sprich Vermögensklassen, anhob, ließen die schnellen Zinssteigerungen diese wieder sinken.

Genau dieser Preisverfall wurde und wird – wie stets in der Finanzgeschichte – für Investoren zum Problem, die ihre Engagements in guten Zeiten mit reichlich Fremdkapital gehebelt und damit ihre Badehose an den Nagel gehängt hatten. Insbesondere der Immobiliensektor ist aufgrund der hervorragenden Beleihbarkeit von Grundstücken und Bauwerken für Verschuldungsexzesse prädestiniert.

Für weitsichtige Anleger, die ihr Pulver trocken und ihre Bonität aufrechterhalten haben, also die „wahren Investmentpunks“, um in Hörhans Redensart zu bleiben, ist nun „Schnappi-Time“. Natürlich nicht, was das von ihm viel zitierte „Einfamilienhaus auf Pump in der Pampa“ angeht, sondern deren exaktes Gegenstück, die „kleinen Löcher“. Wieso, weshalb, warum und wie sich das in vermeintlich schwierigen Zeiten planen und umsetzen lässt, davon handelt sein jüngster Ratgeber (*).

Titelbild von Der Einzimmer-Millionär

Wer ist der Autor?

Gerald Hörhan wurde 1975 in Wien geboren. Seine besondere mathematische Begabung mündete 1993 im Gewinn der Silbermedaille bei der Internationalen Mathematik-Olympiade in Istanbul. Es folgten ein Studium der Mathematik und Wirtschaftswissenschaften unter anderem an der Harvard University sowie Berufsstationen bei der Großbank JPMorgan Chase & Co. in New York und der Unternehmensberatung McKinsey & Company in Frankfurt.

Seit den 2000er-Jahren ist Hörhan als selbstständiger Investmentbanker, Fondsmanager und Immobilieninvestor tätig. Was letztere angeht, weiß er also, wovon er spricht. Eine zunehmende Bekanntheit im deutschsprachigen Raum erlangte der Österreicher ab 2010 als Sachbuchautor. Bereits seine erste, namensprägende Publikation „Investment Punk. Warum ihr schuftet und wir reich werden.“ (*) war ein Bestseller und steckte das Feld ab, welches Hörhan bis heute beackert; siehe hierzu auch meine Rezension seines vierten Buchs „Der stille Raub: Wie das Internet die Mittelschicht zerstört und was Gewinner der digitalen Revolution anders machen“.

Im Kern ist dies die mangelnde finanzielle Intelligenz der Mittelschicht, die folglich in den Fängen institutionalisierter Interessensgruppen monetär abhängig gehalten und zerrieben wird. Die Folge ist ein falsches Konsum- und Verschuldungs- sowie Spar- und Investitionsverhalten, welches zudem nur allzu häufig allein auf ein mit hohen Steuern und Abgaben belastetes, abhängiges Beschäftigungsverhältnis gestützt ist und das vielzitierte Hamsterrad auf Lebenszeit zementiert.

Nun wäre Hörhan nicht der „Investmentpunkt“, wenn er sich allein auf die Problemstellung konzentrieren und keine Lösungen anbieten würde. Der Weiterbildung hat er sich mit seiner Finanzakademie verschrieben, die er parallel zu seinem Autorendasein gründete. Mit dem vorliegenden Buch stellt er ferner einen konkreten Weg in eine spezielle Form des Unternehmertums vor, die bei richtiger Weichenstellung nicht in einem goldenen Hamsterrad mündet.

Was sind seine Hauptthesen?

„Der Einzimmer-Millionär“ (*) besteht im Grunde auf zwei aufeinander aufbauenden Teilen und damit auch Hauptthesen. Erstens, das ist die schlechte Botschaft, die „fetten Jahre“ sind vorbei. Gemeint sind damit zum einen die goldenen 2010er-Jahre, eine Epoche niedriger Inflation und noch niedrigerer Zinsen, nahezu stetig steigernder Einkommen und Vermögenspreise, solider Wachstumsraten und funktionierender internationaler Arbeitsteilung. Zum anderen aber auch jener übergeordneter Bullenmarkt, der ab den 1980er-Jahren eine Überfluss-Ära prägte und insbesondere Aktionären historisch einmalige Durchschnittsrenditen bescherte.

Zweitens, und das ist die gute Botschaft, ist es mit Fleiß und Disziplin trotzdem möglich, in 20 bis 30 Jahren vermögend zu werden. Voraussetzung hierfür ist das handwerkliche Wissen zu einem funktionierenden Vehikel. Ein Beispiel für letzteres sind Immobilien, der Zinswende und dem „Heizhammer“ zum Trotz. Effizient funktioniert dies über besagte „kleine Löcher“. Sie eignen sich nach Hörhan sowohl für den Vermögensaufbau als auch zur laufenden Einkommenserzielung.

Wie werden diese begründet?

Das Ende der exzessiven Kapitalmarktparty und gleichzeitig das Ende der Überflusswirtschaft wurde mit der ersten Leitzinserhöhung der US-Notenbank am 16. März 2022 eingeläutet. Das Ereignis markiert nach Meinung des Autors eine Rückkehr zu hohen Inflationsraten und Zinsen. Diese treffen auf das Phänomen des „Big Quit“, des (Teil-)Rückzugs erwerbsfähiger Menschen aus dem Arbeitsmarkt, die faul und träge geworden Befriedigung im „Chillen“ suchen. Und das angesichts einer ohnehin angespannten demographischen Lage. Hinzu gesellt sich der Trend zur Deglobalisierung und Neuordnung der Lieferketten, des zunehmenden Interventionismus inklusive Pseudoinvestition wie die in das Militär und speziell in Deutschland die sogenannte Energiewende.

Das Resultat ist eine sich bereits jetzt abzeichnende Angebotsverknappung beziehungsweise Mangelwirtschaft mit den bekannten Phänomenen der Rationierung und Warteschlangen (auch auf dem Immobilienmarkt), flankierte von den Schwarzen Schwänen, die von Zeit zu Zeit ihre Schwingen ausbreiten. „Dummerweise“ funktioniert das Standardrezept der Zentralbanken, also Krisensymptome durch eine Erhöhung der Geldmenge zu bekämpfen, nur in einer Überflusswirtschaft ohne beziehungsweise nur mit leichten Nebenwirkungen. In der Mangelwirtschaft führt es zu dauerhafter Inflation und schleichendem Wohlstandsverlust.

Aus der Ferne respektive als (teil-)nomadisch lebender Kosmopolit lassen sich derartige Zerfallserscheinungen gut aushalten, sofern das Finanzpolster dick genug ist. Dieses wächst jetzt aber nicht mehr automatisch, gefragt sind vielmehr Arbeit und Knowhow – denn auch eine inflationsgebeutelte und kriselnde, von Überregulierung geplagte und Pessimismus versprühende Mangelwirtschaft bietet zahlreiche Chancen. Dies auch deshalb, da die Wettbewerbsintensität der Überflusswirtschaft implodiert. Käufermärkte mit wenig Konkurrenz wiederum sind goldene Zeiten für Investoren mit vollen Kassen.

Diese werden in schwierigen Zeiten allerdings nur tüchtige Menschen zu füllen in der Lage sein, die dafür aufgrund der genannten Rahmenbedingungen in den richtigen Berufen fürstlich entlohnt werden. Indes werden Teilzeitarbeit, Selbstfindung, Work-Life-Balance und Sabbaticals für ein angenehmes Leben nicht mehr reichen. Darüber hinaus gilt es die Ausgaben zu optimieren, insbesondere die Steuerbelastung, sowie die wichtigsten Kostenfallen zu vermeiden. Neben dem „Eigenheim auf Pump in der Pampa“ listet Hörhan Autos, Möbel, Süchte, Lebenspartner und Konsumschulden auf.

Die Differenz schließlich steht für Investitionszwecke zur Verfügung. Hierbei unternimmt der Autor zunächst einen Ausflug in die Portfoliotheorie und rät von einer Maximaldiversifikation ab. Und das aus gutem Grund: Zu viele Bälle in der Luft zu halten kostet zu viel Zeit. Sein Ansatz ist vielmehr die fokussierte Diversifikation, also die Konzentration auf zwei bis vier Anlageklassen plus Liquidität einschließlich Edelmetall und Kryptovermögenswerte.

Im zweiten Teil des Buches widmet sich Hörhan rein den Direktinvestitionen in Anlage- oder Renditeimmobilien. Im Fokus stehen Ein- und Zweizimmerwohnungen, da diese bezogen auf den Quadratmeter eine überproportional hohe Miete abwerfen. Zudem erlauben sie einen vergleichsweisen schnellen Einstieg sowie eine rasche Diversifikation über mehrere Objekte. Üblicherweise sind die „kleinen Löcher“ gut und zügig zu vermieten und bei Bedarf schnell und abschlagsfrei zu verkaufen. Zudem ist aufgrund der Fläche das Kostenrisiko bei (Sonder-)Umlagen gering.

In weiteren Kapiteln widmet sich der Kenner der Materie unter anderem der Standort- und Objektsuche, der Finanzierung einschließlich dem Umgang mit Maklern und Bankkaufleuten, der Verwaltung, Renovierung und der steuerlichen Gestaltung inklusive des Verkaufs.

Als wesentlichen Vorteil betont Hörhan die Beleihbarkeit von Immobilien, die einen sehr effizienten Vermögensaufbau erlaubt. Das funktioniert dann, wenn der Mieter indirekt sämtliche Kosten einschließlich der Finanzierung zahlt, das Objekt also unter dem Strich cashflow-positiv ist. Darüber hinaus lässt sich die Miete je nach Vertragsgestaltung sogar automatisch der allgemeinen Preissteigerungsrate abpassen. Und obwohl er sich als Freund gehebelter Immobilieninvestitionen erweist, rät der Autor dringend von 100-Prozent-Finanzierungen ab.

Zu guter Letzt geht er noch auf des Deutschen liebstes Thema ein und betrachtet die Immobilie als eines der letzten verbliebenen Steuersparmodelle. Sämtliche Kosten fremdvermieteter Objekte erfolgen aus unversteuertem Mieteinkommen, welches sich vor allem durch Abschreibungen deutlich herunterrechnen lässt und zudem nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegt. Als Bonbon ist ein steuerfreier Verkauf nach zehn Jahren möglich.

Wie ist das Buch geschrieben?

An andere Stelle schrieb ich zu einer früheren Publikation des Autors: „Eine gekonnt verwobene Mischung aus biographischen Elementen und sozioökonomischem Sachbuch, aus polarisierender Analyse und provokanter Prognose.“ Das Fazit kann ich an dieser Stelle nur wiederholen.

Auch „Der Einzimmer-Millionär“ (*) ist im klassischen Investmentpunk-Stil verfasst, ebenso fachlich fundiert wie flapsig formuliert und überreich mit Anekdoten gewürzt. Letztere erzeugen Bilder, die helfen, das gelesene zu verankern. Gleichwohl bleibt es nicht bei Anekdoten, auch Praktiker kommen auf ihre Kosten. Beispielsweise empfiehlt Hörhan für die Erstauswertung einer Region aus Vermietersicht den Quotienten aus Einwohnerzahl und offenen Mietwohnungsangeboten auf dem führenden Immobilienportal zu ermitteln und zu vergleichen. An anderer Stelle erörtert er unterschiedliche Strategien zum Vermögensaufbau für jüngere Investoren sowie zur Einkommenserzielung für ältere Anleger.

Neben solchen grundsätzlichen Aspekten werden auch aktuelle Entwicklungen aufgegriffen, einschließlich Migration und Regulierung. Selbst was den letzten Punkt angeht, sieht Hörhan eher Chancen als Risiken. Das liegt vor allem an den potenziell niedrigen Einkaufspreisen, die über kurz oder lang (wieder) auf ein realistisches Niveau steigen sollten. Sanierungen lassen sich zudem günstig durch spezielle Programme wie beispielsweise die der KfW finanzieren, ermöglichen eine Erhöhung der Miete und hohe Abschreibungen, was in Summe einen Gewinn liefern kann. In näherer Zukunft sieht er schließlich zahlreiche Notverkäufe vor allem übergehebelter Investoren wie Selbstnutzer nach Auslaufen der einst historisch günstigen Zinsbindung.

Wer sollte das Buch lesen?

Der erste Teil des Buchs richtet sich an alle wirtschaftlich wie finanziell interessierten Leser, die hier den einen oder anderen wertvollen Anstoß zur Gestaltung des beruflichen Werdegangs sowie zu Aufbau und Pflege des eigenen Portfolios finden, ohne sich fachlich in der Tiefe zu verlieren.

Für Personen, die rein an Immobilieninvestitionen interessiert sind und ihr Vermögen durch den Kauf und die Vermietung von Eigentumswohnungen aufbauen oder diversifizieren möchten, ist der zweite Teil geschrieben.

Am meisten Nektar können dabei drei Gruppen aus dem Inhalt saugen. Zum einen bietet das Buch angehenden Immobilieninvestoren, die noch keine Erfahrungen haben, eine Einführung in die Grundlagen und Strategien des Immobilienerwerbs und der Vermietung. Es erklärt, wie man mit begrenztem Kapital beginnen und durch den Kauf von Einzimmerwohnungen Schritt für Schritt ein Immobilienportfolio aufbauen kann. Da der Fokus auf kleinen Wohnungen liegt, könnte der Titel besonders für Leser mit mittlerem Einkommen relevant sein, die nach Möglichkeiten suchen, Vermögen aufzubauen.

Zum zweiten hält „Der Einzimmer-Millionär“ (*) für Investoren, die bereits erste Immobilien besitzen, zahlreiche nützliche Tipps und Ratschläge vor, um ihr Portfolio effizient zu erweitern und zu verwalten. Und schließlich bekommen drittens auch vermögende Leser mit und ohne Erfahrung rund um die Immobilie mögliche Ansätze und konkrete Strategien zur einkommensorientierten Geldanlage mit Betongold serviert.

Wie lautet das Fazit?

Was die Zeichnung der künftigen wirtschaftspolitischen Entwicklung angeht, so sind Hörhans Ausführungen wie alle Prognosen zu künftigen Zuständen sozialer Systeme mit Unsicherheit behaftet. Letztlich liefert der Autor ein mögliches, wenn auch plausibel hergeleitetes Szenario, welches so eintreten kann, aber keineswegs so eintreten muss. Gleichwohl ist es nicht verkehrt, sich auf einen möglichen negativen Impakt einzustellen und gegebenenfalls positiv überraschen zu lassen.

In Summe ist „Der Einzimmer-Millionär“ (*) unter den zahlreichen Ratgebern zum Immobilienerwerb die unterhaltsamste Lektüre mit einem ganz klar definierten und spitzen Ansatz. Die praxisorientierte Anleitung ist dabei als Einstieg in Immobilieninvestition mit überschaubarem Kapital zu verstehen.

Vor dem vorschnellen Aufruf der nächsten Immobilien-Metasuchmaschine sollten potenzielle Investoren jedoch zum einen das Fachwissen vertiefen, eine klare Strategie ausarbeiten und diese sorgfältig prüfen; auch und besonders gegen die individuellen Präferenzen und Restriktionen. Zum anderen ist das Ergebnis – wie bei jeder Kapitalanlage – auf etwaige Risikofaktoren zu begutachten, um nicht übertriebenen (Rendite-)Versprechungen blenden lassen.

Denn selbstverständlich argumentiert der immobilienaffine Investmentpunk durchweg pro fremdvermietete Wohnung und bleibt sich auch in Punkto Selbstvermarktung und Selbstdarstellung treu, was bereits dem Umschlagbild wie Untertitel seines Buchs zu entnehmen ist.

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PS: Gibt es noch weitere Bücher zum Thema, die sich für die Leser des Blogs zu rezensieren lohnt? Vorschläge nehme ich gerne entgegen – mit oder ohne E-Mail-Kontakt!

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