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Einstieg und Überblick
In „Bargeld statt Buchgewinn“ schrieb ich zu der wohl am ärgsten gebeutelten Wertpapiergattung im Hochdividendenbereich: „Qualitativ hochwertige Schifffahrtsaktien eignen sich als Depotbeimischung für dividendenorientierte Investoren. Gerade Unternehmen mit geringer oder keiner Körperschaftssteuerlast und stabilem Geschäft bieten attraktive Renditen in einem weitgehend ausverkauften Markt.“ Tatsächlich befindet sich die moderne Seeschifffahrt nach wie vor im Tal der Tränen. Genau zehn Jahre ist es her, seit die gängigen Preisindizes für das Verschiffen von Gütern dramatisch abstürzten. Im Gegensatz zu den bedeutenden Aktienindizes konnten sie sich bis heute jedoch kaum erholen.
Nun gilt es ja nach Carl Mayer von Rothschild zu „kaufen, wenn die Kanonen donnern“. Lässt sich diese bei Kursgewinninvestoren beliebte Börsenweisheit im Bereich der Seeschifffahrt auch auf Einkommensinvestoren ummünzen? Einen Wert, den ich in diesem relativ spekulativen Umfeld seit einiger Zeit beobachte, ist die Nordic American Tankers Limited. Zum einen, weil ich den Titel vor vielen Jahren einmal im Depot hatte, zum anderen, weil die Gesellschaft selbst für ein Schifffahrtsunternehmen in der aktuellen Marktlage eine Vielzahl interessanter Besonderheiten aufweist. Auf diese möchte ich im Rahmen der nachfolgenden Besprechung eingehen.
Historie und Kennzahlen
Bereits die Gründung beziehungsweise der Start der operativen Tätigkeit von Nordic American Tankers verlief recht unorthodox. 1995 auf der Atlantikinsel Bermuda gegründet, erfolgte der Börsengang bereits im September desselben Jahren. Danach passierte zwei Jahre lang – nichts! Erst 1997 wurde mit dem Emissionserlös der offensichtlich reiflich vorbereitete Kauf von drei fabrikneuen Tankern der Suezmax-Klasse ausgeführt. Hierunter werden Schiffe verstanden, die voll beladen für die Durchfahrt durch den Suezkanal zugelassen sind (Tiefgang: 20,10 Meter, Höhe: 68,00 Meter, Breite: 77,40 Meter).
Lieferant der drei Stahlkolosse, die verzugslos in eine siebenjährige Charter durch den Ölkonzern British Petroleum (BP) übergingen, war übrigens die koreanische Schiffschmiede Samsung Heavy Industries. Seinerzeit notierten die Frachtraten für Suezmax-Tanker noch bei deutlich über 30.000 US-Dollar pro Schiff und Tag. Von 2004 bis einschließlich 2018 hat Nordic American Tankers dann mit Ausnahme der Jahre 2012 und 2015 jedes Jahr mindestens ein weiteres Schiff geordert oder gekauft. Aktuell umfasst die Flotte 33 moderne Doppelhüllentanker. Damit ist das Unternehmen der größte unabhängige Eigentümer von Tankern der Suezmax-Klasse.
Im Gegensatz zu anderen Schifffahrtsgesellschaften hat sich Nordic American Tankers damit auf eine einzige Kernkompetenz spezialisiert, nämlich den sicheren und preisgünstigen, weltweiten Transport von Rohöl. Doch warum ausgerechnet Öltanker? Das dürfte mit dem Gründer Herbjørn Hansson zu tun haben, der über seine Familienholding High Seas AS mit knapp drei Prozent an Nordic American Tankers beteiligt ist. Der gebürtige Norweger und Harvard-Absolvent hat das dafür nötige Rüstzeug ab 1974 von der Pike auf gelernt und ist sowohl im Ölgeschäft als auch der Seeschifffahrt bestens verdrahtet. Der 70-jährige Haudegen ist nicht nur Vorstandsvorsitzender und Geschäftsführer von Nordic American Tankers, sondern auch Mitglied im Aufsichtsrat zahlreicher weiterer Schifffahrts- und Industrieunternehmen, Banken, Versicherungen sowie Handelsgesellschaften.
An einem Umstand konnte allerdings auch der mit allen Wassern gewaschene Hansson nichts ändern, nämlich am katastrophalen Absturz der Frachtraten im Zuge der Weltfinanzkrise. Über alle Schiffsgrößen hinweg fielen diese von ihrem historischen Allzeithoch im Jahr 2007 und 2008 auf das historische Allzeittief Mitte der 2010er Jahre um über 99 Prozent! Diese Entwicklung ist an keinem Unternehmen der Branche spurlos vorbeigegangen. Zahlreiche Gesellschaften mussten die Segel streichen und bescherten den vor allem in Asien ansässigen Schrotthändlern reichlich Material.
In konkreten Zahlen schlägt sich das bei Nordic American Tankers wie folgt nieder: Ausgehend vom Emissionskurs in Höhe von 18,34 US-Dollar Anfang Oktober 1997 ging es unter den branchenüblichen Schwankungen hoch auf über 54 US-Dollar im Februar 2005. Von da an kannte der Kurs – ebenfalls unter teils heftigen Schwankungen – nur eine Richtung: Nach unten. Das historische Kurstief von 1,82 US-Dollar datiert vom Frühjahr dieses Jahres. Bemerkenswert hieran ist der Umstand, dass die seinerzeitige Marktkapitalisierung angesichts 142 Millionen umlaufender Anteile lediglich noch knapp 260 Millionen US-Dollar betrug. Das entsprach ziemlich genau dem Schrottwert der gesamten Flotte – kein Einzelphänomen in der gebeutelten Branche! Der Marktwert derselben wurde übrigens Ende 2017 mit 935 Millionen US-Dollar bilanziert.
Aktuell schwankt der Kurs um die drei US-Dollar, die Marktkapitalisierung mithin um die 426 Millionen US-Dollar. Vom Höchstkurs aus gerechnet entspricht dies immer noch einem Verlust von über 94 Prozent, den allerdings auch die Familie Hansson voll mitgemacht hat. Der Wert ihrer Beteiligung sank von über 200 Millionen auf gut 12 Millionen US-Dollar. Dennoch steht der Unternehmenskapitän felsenfest auf der Brücke. Ähnlich dem Kursverfall sieht auch die Gewinnentwicklung aus. Den durchweg positiven Jahren vor der Weltfinanzkrise schloss sich ab 2010 eine Negativserie an, die lediglich im Jahr 2015 einmal mit einem positiven Jahresabschluss unterbrochen werden konnte. Besonders hohe Verluste bescherten 2013 und 2017 mit jeweils über 100 Millionen US-Dollar.
Nichtsdestotrotz hat es sich Nordic American Tankers nicht nehmen lassen, seit dem Börsengang durchgängig eine Quartalsdividende zu zahlen, auch wenn diese zuletzt mit einem US-Cent pro Anteil homöopathisch ausgefallen ist. Zum Vergleich: Im 1. Quartal 2006 betrug die Dividende 1,88 US-Dollar. Dennoch, und das ist ebenfalls bemerkenswert, haben es Hansson und sein Team geschafft, die Eigenkapitalquote vergleichsweise hoch und stabil zu halten. Immerhin weist die Bilanzsumme 1,14 Milliarden US-Dollar aus, die ausweislich des letzten Jahresberichts mit 711 Millionen US-Dollar Eigen- und 430 Millionen US-Dollar Fremdkapital finanziert sind. Mit knapp 38 Prozent ist die Schuldenquote damit eine der niedrigsten in der Branche überhaupt und seit vielen Jahren stabil, wozu allerdings auch Kapitalerhöhungen beigetragen haben.
Zudem sind die Norweger für den Fall vorbereitet, dass die schlechten Zeiten weiter andauern. Neben einigen langlaufenden Schiffsfinanzierungen kann Nordic American Tankers auch auf eine Kreditlinie in Höhe von 500 Millionen US-Dollar zurückgreifen, die noch bis Ende 2020 bereitsteht. Und auch das Eigenkapital kann das Team um Herbjørn Hansson jederzeit ausweiten. Bis zu 180 Millionen Aktien darf das Unternehmen in Umlauf bringen, dementsprechend ist noch Luft für bis zu 38 Millionen Anteile.
Konditionen und Besteuerung
Der Firmensitz von Nordic American Tankers ist Bermuda, die operative Zentrale befindet sich im Großraum Oslo, die Aktien des Unternehmens werden hauptsächlich an der New York Stock Exchange (NYSE) gehandelt. Hauptsächlich deshalb, da der Titel über eine Zweitmarktnotiz in Deutschland verfügt, wo er unter anderem in Frankfurt, Stuttgart, München und Berlin gehandelt wird. Da der Titel als ausgewiesene Einzelaktie nicht unter die MiFID-II-Richtlinie fällt, dürfte er selbst über alle gängigen inländischen Broker problemlos handelbar sein. Wie üblich empfehle ich Käufe und Verkäufe aufgrund der höheren Liquidität über die Heimatbörse, hier also New York, abzuwickeln.
Sehr kurz abhandeln lässt sich in diesem Fall das Thema Steuern. Als weltweit agierendes Schifffahrtsunternehmen, welches standortungebunden agieren kann nutzt Nordic American Tankers selbstverständlich die Gestaltungsmöglichkeiten, die das internationale Steuerrecht bietet. Aus dem Grund fahren die Schiffe auch unter den Flaggen der Bahamas, Cayman Islands, Liberia, Marshall Islands und Norwegen. Dementsprechend gering fällt die Steuerlast auf Unternehmensebene aus. Da Bermuda auf die Erhebung von Quellensteuern verzichtet, fließen sämtliche Ausschüttungen dem Anleger ungeschmälert zu. Im Umkehrschluss fällt hierauf in voller Höhe Abgeltungssteuer an, sofern der Sparer-Pauschbetrag ausgeschöpft wurde.
Chancen und Risiken
Nordic American Tankers ist in einer Branche zu Hause, die seit Jahrtausenden extremen Schwankungen ausgesetzt ist. Warum ist das so? Die Bestellung, Planung, Produktion und Inbetriebnahme von Schiffsneubauten hat einen langen Vorlauf, der sich je nach Schiffstyp über viele Jahre erstrecken kann. Sind die Kapazitäten dann erst einmal vorhanden, bleiben sie über Jahrzehnte erhalten. Zudem sind Schiffe eng an das Auf und Ab des Welthandels beziehungsweise des spezifischen Transportbedarfs gekoppelt. Beispiel: Der Bedarf an Schüttgutfrachter für den Transport von Getreide hängt in hohem Maße vom Wetter beziehungsweise den Ernteerträgen ab, welche die Import- und Exportmengen bestimmen.
Kurz- bis mittelfristig lässt sich diese spezifische Nachfrage aufgrund des starren Angebots nur über Preisbewegungen auflösen, die nicht prognostizierbar sind. Aus diesen Gründen ist die internationale Seeschifffahrt sogenannten Schweinezyklen unterworfen. Der Begriff stammt ursprünglich aus der Agrarwissenschaft und bezeichnet periodische Produktionsschwankungen, die wissenschaftlich erstmals 1927 auf dem Markt für Schweinefleisch erfasst wurden. Schweinezyklen sind dadurch geprägt, dass ein steigender Preis, egal ob für Schweine oder Schiffe, aufgrund der Gewinnaussichten zu einer steigenden Produktion führt, die jedoch erst mit Zeitverzug angebotsseitig wirksam wird. Bisweilen geschieht dies nun aber zu einem Zeitpunkt, da eine Preisumkehr stattgefunden hat, die durch das nunmehr höhere Angebot beschleunigt wird. Oder aber die Ausweitung des Angebots läutet die Umkehr erst ein, womit dann der zweite, gleichsam umgekehrte Teil des Zyklus einsetzt – das Angebot trocknet aufgrund der sinkenden Preise aus.
Schön zu beobachten war beziehungsweise ist so ein mittlerweile 20 Jahre währender Schweinezyklus auf dem Markt für Seelogistik. In etwa ab dem Jahrtausendwechsel begannen die Frachtraten für alle Schiffstypen deutlich zu steigen. Zwischen 2005 und 2007 ging die Preissteigerungskurve dann in einen exponentiellen Verlauf über, um in der Weltfinanzkrise wie oben beschrieben zu implodieren. Ablesen lässt sich diese Entwicklung beispielsweise an den Branchenindizes der Baltic Exchange in London. Nun wurden jedoch die Werften rund um die Welt ausgerechnet in den Wachstumsjahren mit Aufträgen förmlich zugeschüttet – schließlich lockten margenträchtige Geschäfte. Der Ausstoß der Werften traf dann Jahre später auf einen im Niedergang befindlichen Markt und drückte zusätzlich auf die Preise.
Derzeit wandern Schiffe teilweise nach wenigen Jahren Betriebsdauer in die Schrottpresse, der Stahlwert scheint für die Betreiber höher zu wiegen als der Ertragswert. Das ist übrigens kein neues Phänomen, in der letzten weltweiten Schifffahrtskrise in den 1970er Jahren war es nicht anders. Seinerzeit wanderten sogar einige Öltanker direkt von der Werft auf den Schrottplatz. Zahlreiche Schifffahrtsgesellschaften sind seit 2008 in Konkurs gegangen, von den in Deutschland so beliebten geschlossenen Schiffsfonds wurden hunderte insolvent, Anleger verloren Milliarden. Das kann nicht verwundern: Anfang 2018 beispielsweise beliefen sich die Frachtraten für Suezmax-Tanker auf etwa 6.000 US-Dollar pro Tag und fielen in den folgenden Monaten weiter (siehe unten). Das deckt noch nicht einmal die Hälfte der Betriebskosten so eines Tankers!
Kurz und gut: Die internationale Seeschifffahrt befindet sich in einer lupenreinen deflationären Depression. Wie alle Bereinigungskrisen wird auch diese nicht ewig dauern und irgendwann ihren Boden finden. Überleben werden die die gut vernetzten Gesellschaften, die am längsten liquide bleiben. Zumindest in dieser Hinsicht könnte sich Nordic American Tankers eine sehr gute Startposition für den zweiten Teil des aktuellen Schweinezyklus sichern. Über die beiden Grundvoraussetzungen, ein mit allen Wassern gewaschenes Management als auch eine starke Bilanz mit Reserven zur Erweiterung des Eigen- und Fremdkapitals, verfügt das Unternehmen.
Ferner erweisen sich einige spezifische Eigenheiten von Nordic American Tankers als Vor- und Nachteil zugleich. So ist Herbjørn Hansson ohne Frage für seinen Posten prädestiniert und eine wesentliche Stütze der Gesellschaft. Gleichzeitig ist das aber auch eine Achillesferse des Unternehmens. Denn mit 70 Jahren dürfte der Vollblutunternehmer dem Ende seiner Ära näher als dem Anfang sein. Für Außenstehende schwer zu beurteilen ist die Frage, in wie weit Hansson einen Nachfolger beziehungsweise ein Managementteam aufgebaut hat, was ihn dereinst adäquat wird ersetzen können. Die Gretchenfrage lautet: Wie stark hängt der Erfolg der Gesellschaft an seiner Person und damit seiner Gesundheit? Allemal ein Vorteil ist jedoch, dass Hansson mit seiner Familienholding an dem Unternehmen beteiligt ist, also das vielzitierte „Skin in the Game” (Nassim Taleb) hat – in guten, wie in schlechten Zeiten.
Auch das Geschäftsmodell von Nordic American Tankers mit seiner ausschließlichen Konzentration auf Öltanker birgt sowohl Chancen als auch Risiken. Auf der einen Seite ist das Unternehmen innerhalb dieses Segments der Seelogistik ein bedeutender Akteur und nicht zuletzt dank Hansson bestens vernetzt. Die Aktivitäten sind also nicht wie bei vielen anderen Schifffahrtsgesellschaften über mehrere Schiffstypen verteilt. Das dürfte es für potenzielle Wettbewerber schwierig machen, Nordic American Tankers Marktanteile abzuluchsen, zumal die Flotte vergleichsweise modern ist. Tatsächlich dürfte Nordic American Tankers eher von der schwachbrüstigen Konkurrenz profitieren, bei der Öltanker als einer von mehreren Schiffstypen bereedert werden. Stand Ende September 2018 befuhren übrigens genau 497 Suezmax-Tanker die Weltmeere. Tendenz nunmehr fallend, da zuletzt deutlich mehr Schiffe dieses Typs verschrottet als in Betrieb genommen wurden (2018: 20 zu 11).
Die Spezialisierung birgt natürlich auch Risiken. Der Fokus auf eine einzige Nutzungsart macht das Unternehmen abhängig vom globalen Ölmarkt. Nordic American Tankers hat im Falle von Verwerfungen auf eben diesem keinerlei Möglichkeiten, das Geschäftsfeld zu wechseln. Öltanker lassen sich, zumal angesichts der aktuellen Marktlage, nicht wirtschaftlich umrüsten. Mit der Abhängigkeit von Ölimporten beziehungsweise -exporten einher geht das Risiko, welches aus der oligopolistischen Struktur des Marktes erwächst. Selbst weltweit gibt es vergleichsweise wenig Nachfrager nach Transportkapazitäten für Rohöl. Im Wesentlichen sind das die großen „Ölmultis”, um eine Pressemitteilung von Nordic American Tankers zu zitieren: „Major oil companies and large oil traders are important for the tanker industry.” Auf der anderen Seite hat es natürlich Vorteile, wenn es gelingt, mit diesen eine Partnerschaft zu etablieren und möglichst langlaufende Charterverträge einzugehen.
Auf letztere verzichtet Nordic American Tankers übrigens seit geraumer Zeit – kein Wunder, angesichts des Preisniveaus wäre das selbstmörderisch. Seine Schiffe vermietet das Unternehmen am Spot- oder Kassamarkt, also ausschließlich kurzfristig. Und tatsächlich gab es hier zuletzt einen Lichtblick. Vom Jahrestief bei 4.000 US-Dollar pro Tag und Suezmax-Tanker Anfang April stieg die Frachtrate kontinuierlich auf zuletzt deutlich über 20.000 US-Dollar. Damit könnte Nordic American Tankers das Kerngeschäft wieder wirtschaftlich betreiben. Ob der Preisausschlag ein Strohfeuer oder aber eine Trendwende signalisiert, wird allein die Zukunft zeigen.
Diese Frage ist zumindest mittelfristig eng mit der Zukunft des Ölzeitalters verknüpft. Noch ist Rohöl der weltweit umsatzstärkste Rohstoff. Im Jahr 2017 betrug der Ölverbrauch 98 Millionen Barrel pro Tag. Ein Barrel fasst 159 Liter Rohöl. Bei einem Durchschnittspreis von 54,19 US-Dollar pro Barrel entspricht das einem Umsatz von knapp zwei Billionen US-Dollar. Die OPEC rechnet noch bis mindestens 2040 mit einem steigenden Ölverbrauch. Dieser soll in 22 Jahren bei etwa 111 Millionen Barrel pro Tag liegen. Dies würde beim aktuellen Preis von etwa 60 US-Dollar gut 2,4 Billionen US-Dollar Jahresumsatz entsprechen. Ein klassischer Suezmax-Tanker fasst übrigens etwa eine Million Barrel. Damit wäre noch ausreichend Luft für mindestens einen weiteren Schweinezyklus. Wie alle Prognosen ist freilich auch die der OPEC mit Vorsicht zu genießen.
Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass Anleger außerhalb des US-amerikanischen Währungsraums den Chancen und Risiken ausgesetzt sind, die aus den Wechselkursschwankungen zum US-Dollar resultieren – selbst wenn, wie in diesem Fall, die operative Unternehmenszentrale in Norwegen sitzt. Für die internationale Seeschifffahrt ist der US-Dollar nun einmal die Rechengröße.
Zusammenfassung und Stammdaten
Nordic American Tankers ist vermutlich ein polarisierender Titel, zumindest unter Einkommensinvestoren. Ich selbst fühle mich diesbezüglich auch ein wenig hin- und hergerissen. Auf der einen Seite handelt es sich nicht gerade um ein Witwen- und Waisenpapier mit langweiligem Geschäftsmodell und konstanten Ausschüttungen. Auf der anderen Seite lockt ein ausgebombter Hochdividendenwert, der, sofern der Umschwung gelingt, eine verlockende Dividendenrendite bezogen auf den Einstandskurs beziehungsweise Yield On Cost (YOC) verspricht. Letztlich handelt es sich hierbei wie so oft um eine Frage der persönlichen Präferenz.
Neben der Tankerflotte erwerben Käufer von Nordic American Tankers übrigens auch Anteile weiterer Unternehmen aus dem maritimen Umfeld, an denen die Schifffahrtsgesellschaft beteiligt ist. Hierzu gehören 22,6 Prozent an der ebenfalls börsennotierten Nordic American Offshore Limited, ein Unternehmen, dass eine Flotte von Versorgungsschiffen unterhält sowie jeweils 100 Prozent an den Dienstleistern für Seelogisitk Scandic American Shipping Limited, Orion Tanker Pool Limited und Orion Tankers Limited.
In jedem Fall gehören Schifffahrtsaktien zu den schwankungsanfälligsten Hochdividendenwerten und sind nichts für Anleger, die (temporäre) Verluste nur schwer ertragen können. Wer über das entsprechende Nervenkostüm verfügt kann mit Nordic American Tankers einen Titel erwerben, der gute Chancen hat, das Branchenmassaker zu überleben. Handelbar ist der Spezialist für den maritimen Rohöltransport über das Kürzel NAT an der NYSE oder aber an den deutschen Börsen über die Wertpapierkennnummer 394869 beziehungsweise die ISIN BMG657731060.
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Wie würdest du im Vergleich die Ship Finance International bewerten?
Grüße
Hallo Chris,
die beiden Unternehmen lassen sich nur schwer vergleichen. Gut, beide sind in der Seeschiffahrt beheimatet, haben ein norwegisches Management und ihren Sitz in Bermuda. Zu den Unterschieden: Nordic American Tankers ist Spezialist, Ship Finance International Generalist mit 84 Schiffen diverser Typen. Im Ölgeschäft kommen sie mit neun Tankern nicht gegen Nordic American Tankers an. Dafür war in der Vergangenheit die Dividende stabiler, vermutlich auch aufgrund des breiter aufgestellten Geschäfts. Im Gegenzug ist Ship Finance International allerdings deutlich stärker gehebelt, die Eigenkapitalquote beträgt keine 35 Prozent.
Beste Grüße
Luis
Lieber Luis,
besten Dank für diesen wieder einmal super recherchierten Artikel und Deine tollen und inspirierenden Blog-Beiträge! Es macht immer wieder richtig Spaß , sich auf der Grundlage Deiner Blog-Beiträge mit dem Thema Hochdividendenwerte zu befassen!
Aufgrund des lustigen Schreibfehlers kann ich mir dennoch einen kleinen Kommentar nicht verkneifen: Vermutlich handelt es sich bei der schwachbrüNstigen Konkurrenz doch eher um die schwachbrüstige Konkurrenz!? Falls ich hier falsch liege, würden mich allerdings vertiefende Ausführungen zum Paarungsverhalten in der Seeschifffahrtsbranche brennend interessieren… 😉
Beste Grüße
Tobias
Guten Abend Tobias,
vielen Dank, den kleinen Fauxpas habe ich beseitigt. Lustigerweise markiert mein Textverarbeitungsprogramm „schwachbrüstig“ als fehlerhaft, „schwachbrünstig“ hingegen nicht – was uns die Entwickler damit wohl sagen möchten? Erfolgreiches Paarungsverhalten wäre übrigens das Letzte, was die Schifffahrtsbranche jetzt gebrauchen könnte.
Beste Grüße
Luis
Hi Luis,
ich habe (vor allem aufgrund dieses Artikels) Anfang 2019 eine kleine Zockerposition für $2,10 je Aktie eröffnet. Bis vor ein paar Tagen ging es seitwärts. Jetzt haben sich ja die Frachtraten in kurzer Zeit verfünffacht und der Kurs auf aktuell $4 verdoppelt. Hatte auch kurz überlegt zu verkaufen.
Im Vergleich mit 2015 sind die Schulden zwar angewachsen (und das zu deutlich schlechteren Konditionen). Da lag der Kurs zwischen $10 und $15. Ich glaube daher, dass noch Luft nach oben ist beim Kurs.
Bleibt aktuell reine Zockerei für mich. Wenn die Frachtraten doch wieder auf unter $20.000/d sinken geht der Kurs auch wieder im freien Fall nach unten… Wie siehst du das?
Hallo Christoph,
die Schifffahrtsbranche halte ich nach wie vor für eine hochvolatile Branche. NAT als Familienunternehmen belegt, dass selbst Branchenkenner einen langen Atem benötigen werden, bis der Wert ihrer Beteiligung wieder ins Plus dreht. Zwischenzeitig müssen auch sie herbe Verluste hinnehmen. Und ja, das Wohl und Wehe der Unternehmen hängt an den Frachtraten. Und die kann ich angesichts des ausgeprägten Schweinezyklus nicht prognostizieren, zuzüglich unternehmensspezifischer Chancen und Risiken also wie Du schreibst reine Zockerei.
Beste Grüße
Luis