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Das unpfändbare Altersvorsorge-Depot
Die mangelhaft ausgeprägte Aktienkultur in Deutschland an dieser Stelle zu beklagen, hieße Eulen nach Athen zu tragen. Selbst im nur unwesentlich aktienfreundlicheren Frankreich steuerfreies Aktiensparen bis zu einer Summe von 150.000 Euro über den Plan d’épargne en action (PEA) möglich. Mit Wehklagen allein mochte sich mein heutiger Gesprächspartner allerdings nicht abfinden. Er hat sich auf die Fahnen geschrieben, den Status quo aufzubrechen und eine Petition an den Deutschen Bundestag initiiert.
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Zum Interview
Ende Mai 2020 hat mich Dr. Gerald Baumann zusammen mit zahlreichen weiteren Bloggerkollegen erstmals angeschrieben, um auf seine Initiative hinzuweisen. Worum geht es? Nun, gebetsmühlenartig werden die Bürger dieses Landes dazu aufgerufen, privat für das Alters vorzusorgen. Allerdings ist Wertpapiervermögen juristisch betrachtet gar keine Altersvorsorge und im Gegensatz zu zahlreichen gesetzlich privilegierten Renditegräbern nicht pfändungssicher. Und das, obwohl breit gestreutes Produktivvermögen als eine von lediglich zwei Anlageklassen langfristig im Durchschnitt der letzten 150 Jahre signifikante Realrenditen abgeworfen hat (siehe unten).
Um diesen Zustand zu ändern, hat Dr. Gerald Baumann eine Petition an den Deutschen Bundestag mit dem Ziel gerichtet, ein spezielles Altersvorsorge-Depot einzuführen. In dieses soll bis zum Rentenbeginn auf freiwilliger Basis nur eingezahlt werden können, im Gegenzug ist es vor Pfändung geschützt. Dem wollte ich genauer auf den Grund gehen, zumal ich mich bisher noch nicht mit dem Petitionswesen in Berührung gekommen bin, und habe den Initiator zum Geldgespräch gebeten.
Im Rahmen des Interviews haben wir unter anderem folgende Fragen erörtert: Warum sind Aktien beziehungsweise börsennotierte Wertpapiere hierzulande relativ unbeliebt? Wie hat Dr. Baumann selbst den keineswegs selbstverständlichen Weg zum Börsenparkett gefunden? Was ist überhaupt eine Petition? Welches Ziel verfolgt er mit seiner Initiative? Warum beschränkt sich die Petition auf die Pfändungsfreiheit von Wertpapiervermögen? Wäre nicht die Steuerfreiheit auf die Erträge in einem Altersvorsorge-Depot der geeignete Hebel, um Wertpapiereigentum breitenwirksam zu verankern? Welchen politischen Risiken sind Altersvorsorge-Depots im Privateigentum ausgesetzt? Was passiert, wenn die Petition angenommen wird und welche Hürde muss diese dafür nehmen?
Zur Petition
Die Bundesregierung und viele weitere Institutionen rufen seit vielen Jahren alle Bürger auf, private Altersvorsorge zu betreiben. Unabhängige Verbraucherberatungen empfehlen dazu Indexfonds als ETF-Sparpläne, um die Kosten, Risiken und Renditen zu optimieren. Was kaum jemand weiß: Alle Wertpapiere, also ETFs, Fonds, Aktien und selbst deutsche Staatsanleihen sind, juristisch gesehen, gar keine Altersvorsorge. Sie sind Vermögen! Der Gesetzgeber definiert als private Altersvorsorge bislang nur Versicherungsprodukte. Ein Wertpapierdepot ist deshalb nicht pfändungssicher. Trifft den Sparer ein unvorhersehbares Schicksal wie Arbeitslosengeld II (Hartz IV), die Corona-Pandemie, Privatinsolvenz, Unterhaltszahlungen oder Haftungsfälle, ist seine Altersvorsorge verfügbares Vermögen und wird dazu herangezogen. Um diesen Zustand zu ändern, wird diese Petition gestellt. Der Bundestag wird von Dr. Gerald Baumann auffordert, ein spezielles Altersvorsorge-Depot (AV-Depot) einzuführen. In anderen Ländern gibt es Vergleichbares schon lange. Viele weitere Fakten und Informationen zur Petition finden sich auf der eigens dafür eingerichteten Seite. Die Zeichnungsfrist läuft noch bis einschließlich zum 23. September 2020, um die Petition erfolgreich zu machen, sind 50.000 Mitzeichner erforderlich.
Meine Meinung
Ich unterstütze die Petition. Neben Immobilien sind Aktien schließlich die einzige Anlageklasse, welche bei breiter Streuung langfristig signifikante Realrenditen generiert. So jedenfalls das Ergebnis der Studie „The Rate of Return on Everything“, an der unter anderem auch deutsche Ökonomen mitgewirkt haben. Ein weiterer Vorteil wäre, dass gerade der in Deutschland traditionell gepflegte Klassenkampf zwischen der „Arbeit“ und dem „Kapital“ aufgehoben werden könnte, da breite Bevölkerungsschichten beide Seiten einnehmen würden. Zudem dürfte sich ein AV-Depot nicht nur positiv auf die Aktienkultur, sondern auch auf die ökonomische Bildung auswirken.
Meine Befürchtung ist indes, dass selbst im Fall einer erfolgreichen Petition die Umsetzung zum Rohrkrepierer wird, wie bereits die Riester- oder Rürup-Rente. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn Garantien seitens der Anbieter auf die eingezahlten Beiträge erhoben würden oder wenn es Quotenvorgaben gäbe. Aus der historischen Erfahrung (Hunde-Wurstvorrat-Syndrom) fände ich es auch kritisch, wenn die öffentliche Hand die Depots selbst führen würde, Stichwort „Deutschlandfonds“. Begrüßenswert fände ich es darüber hinaus, wenn Auszahlungen möglich wären, wobei etwaige Steuervorteile zurückgezahlt werden müssten. Es gibt schließlich viele denkbare Situationen, die das rechtfertigen würden. Und schließlich wäre es für mich selbstverständlich, dass das AV-Depot freiwillig und Sondereigentum des Anlegers ist, so dass dieser es zum Beispiel auch vererben kann.
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Eine Antwort auf „Geldgespräch – Aktienaktivist Dr. Gerald Baumann“