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Einstieg und Überblick
An altehrwürdigen Aktiengesellschaften herrscht beileibe kein Mangel. In Deutschland wagten insbesondere während der sogenannten Gründerzeit im 19. Jahrhundert zahllose Unternehmen den Gang auf das Börsenparkett. Die meisten von ihnen wurden während des Gründerkrachs im Jahr 1873 pulverisiert, der übrigens frappierende Ähnlichkeiten zum Dotcom-Crash etwa 130 Jahre später aufweist. Die erfolgreichen Geschäftsmodelle überlebten, gediehen und stellen noch heute DAX-Schwergewichte wie BASF, Bayer, Continental, Deutschen Bank und Siemens.
Bei Sammelanlagen wie Fonds oder Trusts sieht die Sache schon anders aus. Die meisten von ihnen haben lediglich einige Jahre auf dem Börsenbuckel, vereinzelte Titel bringen es auf mehrere Jahrzehnte. Zumindest ein Trust kann es jedoch mit den oben genannten Konzernhistorien aufnehmen. Seine Wurzeln reichen zurück bis anno 1861. In jenem Jahr organisierte Thomas Cook, dessen Unternehmen 2019 in die Insolvenz schliddern sollte, die erste Pauschalreise nach Paris, entdeckte der Chemiker William Crookes das Element Thallium und gründeten die Gebrüder Calvert die City of London Brewery. Der Grundstein für eine Erfolgsgeschichte und den heute nach wie vor handelbaren The City of London Investment Trust.
Historie und Kennzahlen
Als Abkömmlinge einer Jahrhunderte alten Brauerdynastie verstanden die Calverts ihr Handwerk. Die Sudkessel liefen von Beginn an auf Hochtouren und die Geschäfte so gut, dass sie einen Wettbewerber nach dem anderen schlucken konnten. Um dem Markensammelsurium Herr zu werden, wurde das Unternehmen im Jahr 1931 umstrukturiert und entsprechend der neuen Rechtsform in City of London Brewery Trust umbenannt.
Im Jahr 1970 erwarb die Investmentfirma Touche Remnant den Trust, der zu diesem Zeitpunkt bereits breit gefächert investiert war und in dem die Getreideveredelung nur noch ein Bruchteil des Geschäfts ausmachte. Elf Jahre später erhielt der Trust schließlich seinen heutigen Namen. Im Jahr 1992 wurde Touche Remnant von Henderson Global Investors mit Hauptsitz in London erworben. Die gut 2.000 Mitarbeiter in den weltweit 28 Niederlassungen der Vermögensverwaltung betreuen umgerechnet in etwa 300 Milliarden Euro an Kundengeldern. Aufmerksamen Lesern meines Blogs dürfte das Unternehmen geläufig sein, verwaltet es doch ebenfalls die im Pazifikraum aktive Beteiligungsgesellschaft Henderson Far East Income Limited, die ich an anderer Stelle ausführlich besprochen habe.
Wie sein pazifischer Vetter auch firmiert der The City of London Investment Trust als börsennotierter Fonds britischen Rechts und ist operativ als „investment company“ tätig, deren einziger Geschäftszweck in der treuhänderischen Vermögensverwaltung besteht. Zur Erinnerung: Es existieren zwei unterschiedliche Arten der „investment company“. Zum einen die Open-Ended-, zum anderen die Closed-Ended-Variante.
Erstere ist in etwa mit den hierzulande verbreiteten, nicht börsennotierten Investmentfonds zu vergleichen. Die Ausgabe und Rücknahme von Anteilen erfolgt in beiden Fälle allein über die jeweilige Fondsgesellschaft. Der Fondspreis entspricht dabei dem ermittelten Nettoinventarwert oder Net Asset Value (NAV), also der Summe des verwalteten Vermögens abzüglich etwaiger Verbindlichkeiten.
Zweitere entspricht dem an dieser Stelle schon mehrfach besprochenen US-amerikanischen Closed-end Fund (CEF). Hierbei wirbt die Anlagegesellschaft während einer Zeichnungsphase Anlegergelder ein, danach wird der Fonds beziehungsweise Trust „geschlossen“ und als vermögensverwaltende Gesellschaft an die Börse gebracht. Fortan bemisst sich der Anteilspreis analog zu einer Aktie allein nach Angebot und Nachfrage. Eine Rückgabe an den Emittenten ist nicht möglich und auch frische Liquidität gibt es allein über eine Kapitalerhöhung. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass eine börsennotierte, transparente und liquide gehandelte „closed-ended company“ nichts mit den geschlossenen Fonds deutschen Rechts gemein haben.
Zurück zum The City of London Investment Trust. Hier ist der Name Programm. Tatsächlich ist der Trust an allen bedeutenden Aktiengesellschaften der Insel quer über alle Brachen investiert. Das belegen unzweifelhaft die aktuell zehn größten Positionen, die insgesamt ein knappes Drittel des verwalteten Vermögens ausmachen, als da wären:
- British American Tobacco (Tabakprodukte)
- Diageo (alkoholhaltige Getränke)
- GlaxoSmithKline (Pharmazie)
- Unilever (Lebensmittel)
- RELX Group (Medien)
- Royal Dutch Shell (Öl und Gas)
- HSBC (Finanzdienstleistungen)
- Rio Tinto (Bergbau)
- BP (Öl und Gas)
- Reckitt Benckiser Group (Reinigungsprodukte)
Mit Ausnahme der RELX Group dürften sämtliche Konzerne zumindest dem Namen und der Branche nach wirtschaftlich interessierten Zeitgenossen geläufig sein. Das im Alltag kaum präsente Medienunternehmen sollten hingegen Studenten und Absolventen kennen, handelt es sich doch um den weltgrößten Wissenschaftsverlag, der älteren Semestern unter dem früheren Namen Elsevier ein Begriff sein sollte. Überhaupt führt die Aufstellung die internationale Präsenz und Verbreitung der Schwergewichte der britischen Wirtschaft deutlich vor Augen. So machen durch die Bank weg alle gelisteten Konzerne mehr Umsatz im Ausland als auf dem Heimatmarkt – und das jeweils mit starken Marken.
Mit Diageo erinnert zumindest eine Position beziehungsweise die zweitgrößte Beteiligung an die Wurzeln des Unternehmens. Tatsächlich entstand der Getränkemulti für Erwachsene im Jahr 1997 aus der Fusion des Spirituosenherstellers Grand Metropolitan und der Brauereigruppe Guiness. Heute beherbergt das weltgrößte Unternehmen seiner Branche neben Guiness und Kilkenny Marken wie Baileys, Captain Morgan, Gordons Dry Gin, Johnnie Walker und Smirnoff.
Insgesamt umfasst das Portfolio des The City of London Investment Trust 92 Beteiligungen mit einem NAV von 1,35 Milliarden britischen Pfund (Stand Ende April 2020). Trotz der aufgezeigten Diversifikation musste jedoch auch der Trust im Zuge des Corona- beziehungsweise Shutdown-Crashs Federn lassen. Während der Alkohol- und Nikotinkonsum im Zuge der verordneten Quasiquarantäne sogar anzog, dürften die Nachfrage nach Medikamenten, Lebens- und Haushaltsmitteln unelastisch verlaufen sein. In Summe reichte das auf der Einnahmeseite offensichtlich aus, den schweren Einbruch bei Öl- und Gaswerten zu kompensieren. So konnten die Ausschüttungen einschließlich der Mai-Dividende bisher stabil gehalten werden.
Konditionen und Besteuerung
Wie bei englischen Wertpapieren üblich, notiert auch der The City of London Investment Trust in Great Britain Pence, nicht in Great Britain Pound (GBP). Aktuell steht das Papier bei 333 Pence oder eben 3,33 GBP. Apropos Notierung. Der Trust wird sowohl an der London Stock Exchange (LSE) also auch an der Börse Frankfurt (FRA) gehandelt, höhere Volumina werden wie üblich am heimatlichen Markt umgeschlagen.
Eine Order in London kostet bei den hiesigen Ableger von Interactive Brokers wie beispielsweise CapTrader (*) und LYNX Broker (*) pauschal ab 8,00 GBP zuzüglich Stempelsteuer in Höhe von 0,5 Prozent des Handelsvolumens. Umgemünzt auf meine Kostenschmerzgrenze von maximal einem Prozent der Auftragssumme ist ein Kauf beziehungsweise Verkauf ab 840,00 GBP oder aktuell circa 250 Anteilen wirtschaftlich.
Die Stempelsteuer oder „stamp duty“ ist (auch) eine Finanztransaktionssteuer, die in Großbritannien im Nachgang zum kostenintensiven Siebenjährigen Krieg auf den Handel von Wertpapieren erhoben wird. Als fiskalisches Relikt gleicht sie damit der deutschen Schaumweinsteuer, welche einst zur Finanzierung der kaiserlichen Marine eingeführt wurde.
Technisch gilt der The City of London Investment Trust als Aktie und sollte als solche weder besonderen Handelseinschränkungen noch der Fondsbesteuerung unterliegen. Mit Ausnahme der Stempelsteuer kommen dem britischen Fiskus auch keine weiteren Einnahmen zugute, da die Briten als eines von wenigen Ländern weltweit auf die Erhebung von Quellensteuern verzichten. Deutsche Anleger erhalten die Dividenden also ungeschmälert ausgezahlt, müssen diese dafür in voller Höhe der Abgeltungssteuer unterwerfen.
Wie schon beim fernöstlichen Pendant drängt sich auch im Fall des The City of London Investment Trust ein Direktvergleich geradezu auf. Denn mit dem iShares UK Dividend UCITS ETF existiert ein passiv gemanagter Exchange Traded Fund (ETF), der exakt über dasselbe Beuteschema verfügt, nämlich dividendenstarke britische Aktien.
Erstaunlicherweise kann der ETF seine eigentliche Stärke, die Kostenführerschaft, nicht ausspielen. Die Gesamtkostenquote ist zwar mit 0,4 Prozent des verwalteten Vermögens pro Jahr durchaus niedrig, wird vom Trust allerdings um ein Zehntelprozentpunkt getoppt – und das, obwohl der ETF mit 51 Positionen nur knapp halb so viele Titel verwaltet. Auch bei der Dividendenrendite lagen die beiden Kontrahenten in etwa gleich auf. Sie betrug über die letzten Jahre jeweils zwischen fünf und sechs Prozent per annum. Überdeutlich auseinander fällt hingegen die Gesamtentwicklung. Über alle relevanten Zeiträume schlägt der Trust den ETF deutlich, wobei die Tabelle die kumulierte Gesamtentwicklung einschließlich wiederangelegter Dividenden widerspiegelt (Stand vom 08. Juli 2020):
Zeitraum | ||
---|---|---|
1 Jahr | -18,54% | -17,70% |
3 Jahre | -25,97% | -9,58% |
5 Jahre | -20,35% | 7,39% |
10 Jahre | 43,25% | 106,43% |
Tatsächlich entwickelte sich der britische Aktienmarkt über die letzten zehn Jahre im Vergleich zur Gesamtheit der Industrieländer deutlich unterdurchschnittlich, sofern beispielsweise der MSCI World Index als Vergleichsmaßstab herangezogen wird, der die Entwicklung von etwa 1.600 Aktien aus 23 Ländern reflektiert. Innerhalb dieses schwachen Marktes konnte der Trust mit dem FTSE 100, dem wichtigsten britischen Aktienindex, in etwa mithalten, der ETF hingegen nicht ansatzweise.
Wie das angesichts einer überschaubaren Region? Eine erste Spur liefert die Portfoliostruktur. Tatsächlich weisen die zehn größten Positionen beider Sammelanlagen mit Rio Tinto nur eine einzige Gemeinsamkeit auf, ansonsten unterscheiden sich die Investitionen komplett. Erneut liegt der Verdacht nah, dass eine nachteilige um nicht zu sagen mangelhafte Indexkonstruktion für das schlechte Abschneiden des ETFs verantwortlich ist. Das diesem zugrunde liegende Barometer ist der FTSE UK Dividend+ Index.
Die Basis für diesen Index bilden die nach Marktkapitalisierung 250 größten Aktien des FTSE 350, der wiederum die 350 größten, an der LSE gehandelten Unternehmensbeteiligungen umfasst. Diese 250 Aktien werden nach der erwarteten Dividendenrendite der kommenden zwölf Monate sortiert. Ergänzt um einige weitere Faktoren landen dann die 50 Titel mit der höchsten relativen Ausschüttung im Portfolio des ETFs, welches halbjährlich nach der genannten Methodologie aktualisiert wird.
Hier kristallisiert sich erneut ein Mechanismus heraus, den ich an anderer Stelle Umbruch-Trägheitseffekt genannt habe und darauf beruht, dass sich die Dividendenrendite der kommenden zwölf Monate aus den prognostizierten Ausschüttungen geteilt durch den aktuellen Kurs errechnet. Fällt letzterer, steigt notwendigerweise die Dividendenrendite. Selbst wenn der Kursverfall auf berechtigten negativen Erwartungen beruht, reagieren die realwirtschaftlichen Parameter wie Umsatz, Gewinn und eben Ausschüttungen oft mit erheblicher Verzögerung. Und genau diese Trägheit in einer (Kurs-)Umbruchphase führt dann zu dem paradoxen Phänomen, dass Unternehmen auf dem absteigenden Ast genau dann ihre höchsten Dividendenrenditen ausweisen.
Wie schon beim Dow Jones Asia/Pacific Select Dividend 30 Index vermute ich, dass auch in Fall des FTSE UK Dividend+ Index der Umbruch-Trägheitseffekt voll durchgeschlagen und über weite Zeit zu einer Negativauswahl geführt hat. Zumindest ist in den jeweiligen Berechnungsmethodiken keine entsprechende Vorrichtung zum Schutz vor dieser Falle zu erkennen. Dieser wäre jedoch leicht durch die Hinzunahme eines weiteren Parameters, beispielsweise Volatilitätskennzahlen, zu bewerkstelligen. Neuere Indizes machen das auch, um just diesen Effekt zu verhindern, wie beispielsweise Markus Jordan in unserem Geldgespräch ausführlich erörtert hat.
Chancen und Risiken
Wie der letzte Absatz deutlich gemacht haben sollte, ist der The City of London Investment Trust letztlich ein Länderfonds, der das Auf und Ab des britischen Aktienmarktes nachvollzieht. Im Vergleicht zu anderen Indizes entwickelter Länder schlug er sich in den letzten Jahren eher mau. Umgekehrt brechen aber auch jahrelang anhaltende Trends und schlagen irgendwann um, verschafft sich die Regression zur Mitte Geltung. Eventuell mag auch die Diskussion um und die Vollziehung des BREXIT ihr Scherflein zu den Kursirritationen beigetragen haben. Wenn dem so ist, könnten die negativen Wirkungen langfristig überschätzt worden sein.
Innerhalb seines selbstauferlegten Investitionsspektrums ist der Trust jedenfalls breit diversifiziert und wie bereits dargelegt international aufgestellt. Angesichts des außerhalb der Insel erwirtschafteten Umsatzanteils der Beteiligungen ist auch die Abhängigkeit vom GBP und der britischen Volkswirtschaft überschaubar – ein weiterer Grund, warum der BREXIT vergleichsweise unerheblich für das Gedeihen des Portfolios sein dürfte. Klar werden alle Titel in GBP notiert und auch Ausschüttungen in selbigen getätigt. Allerdings handelt es sich hierbei letztlich um eine Verrechnungswährung, da die Unternehmen Umsätze in aller Herren Länder und damit Währungen tätigen. Im Grunde erwerben Anleger mit dem Papier sogar einen internationalen Währungskorb.
Wo wir schon bei den Ausschüttungen sind: An die Anleger ausgezahlt werden überwiegend die selbst vereinnahmten Dividenden und Zinsen, der sogenannte „investment income“ – auch aus steuerlichen Gründen. Wie schon die Henderson Far East Income Limited weist auch der The City of London Investment Trust eine makellose Dividendenhistorie auf. Seit geschlagenen 53 Jahren wurden die Ausschüttungen nicht nur nicht gekürzt oder ausgesetzt, sondern durch alle Crashs und Krisen hindurch kontinuierlich erhöht. Auszahlungen erfolgen übrigens quartalsweise, die Dividendenrendite betrug zuletzt knapp sechs Prozent.
Vom Shutdown-Crash blieb der Trust wie eingangs erwähnt nicht verschont. Um marktgängige 37 Prozent ging es in der Spitze nach unten, in etwa das Ausmaß des FTSE 100. Derzeit gibt es das Papier mit einem gut einprozentigen Abschlag zum NAV. Das verwaltete Vermögen in Höhe von 1,35 Milliarden GBP verteilt sich dabei auf über 416 Millionen umlaufende Papiere. Die Fremdkapitalquote beträgt ausweislich des letzten Jahresabschlusses unter zehn Prozent und besteht im Wesentlichen aus kleinen Anleiheemissionen. Maximal 30 Prozent wären gemäß der Trust-Statuten zulässig.
Zusammenfassung und Stammdaten
Mit dem City of London Trust erwerben Anleger einen aus dem Who’s who der britischen Wirtschaft bestehenden Aktienkorb, der sich als Beimischung oder Ergänzung für ein breit aufgestelltes Einkommensportfolio eignet. Darüber hinaus lohnt sich für Anleger, die keine oder nur sehr geringe Steuern auf Kapitalerträge zahlen müssen, ein Blick auf die Gesamtheit der britischen „investment companies“. Als erste Anlaufstelle sei hier die Association of Investment Companies (AIC) empfohlen.
Unter den „investment companies“ scheint Henderson Global Investors auf jeden Fall ein glückliches Händchen im Umgang mit seinem Personal zu haben. Denn wie schon bei der Henderson Far East Income Limited ist auch beim The City of London Investment Trust ein alter Haudegen an Bord. Seit sage und schreibe 29 Jahren hält hier Job Curtis die Zügel fest in der Hand – in der schnelllebigen Finanzszene kommt das einer Ewigkeit recht nah. Notiert ist der Trust an der LSE unter dem Kürzel CTY sowie an der FRA unter dem Kürzel CLN. Die Internationale Wertpapierkennnummer (ISIN) lautet GB0001990497.
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